Im Rio Yarapa oder: ¡ Hola, Falcon!

Hier kommt nun der Nachtrag zum unserem zweiten Wald-Aufenthalt, den ich ja schon angekuendigt hatte…

„Der Dschungel war wieder schoen und wenn wir in Pucallpa sind gibt es noch ein paar Bildchen und Geschichten, zum Beispiel von Falken und Moskitos, „falsch rummen“ T-Shirts, Affen in der Loge und Korallenschlangen.“

Wir fahren an einem kuehlen Dienstagmorgen in Iquitos los – Alex von den „Ecological Jungle Tours“ holt uns um kurz vor 6 am Hotel ab, das Collectivo-Taxi saust mit uns die 120 Strassenkilometer hinunter nach Nauta am Rio Maranon – der einzigen Strasse, die ein bisschen weiterfuehrt als nur bis zum Amazonasufer…

Fruehstueck bei Rosita, und dann kommt er, unser Fuehrer fuer die naechsten Tagen. Er sagt: „Falcon!“ und ich erwidere: „Wilver“! Traudl und Jochen hatten uns ja in jeder Hinsicht gewarnt vor dem „Delfin-Camp“, das sie gern in Mosquito-Camp umgetauft haetten, wo das Essen maessig sei, freundlich gesprochen, und dann die Plumpsklos… Aber sie hatten gesagt, dass „Wilver (also known as Falcon)“ der beste Guide sei, den man kriegen koennen, und wir kriegten ihn – hier ist er: 

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Zunaechst mal ging es mit dem Peke-Peke, dem tuckerigen Langboot mit einem Dach aus Palmblaettern und dem Hondamotor samt der langen Antriebswelle zur Lodge, Gelegenheit, den kurzen Nachtschlaf noch ein bisschen auszudehnen, obschon doch einiges zu sehen war. Der Zusammenfluss des (wasserreichen, dicken) Maranon und des (schmaleren aber unglaublich langen!) Ucayali zum Beispiel, der den Beginn des eigentlichen Amazonas kennzeichnet.

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Umsteigen im Dorf La Libertad, wir buckeln die Rucksaecke ueber eine Landenge und steigen in ein handgetriebenes Kanu, wobie wir auch noch die Koechin aufsammeln muessen, aber nach 15 Minuten Paddeln sind wir da. yarapa-4-lodge.JPG

Die Lodge empfaengt uns freundlich, wir breiten unsere Sachen auf den Matratzen aus, die unter dichten Moskitonetzen liegen, und Koechin Daisy schmeisst gleich mal den „Gasofen fuer Indiander“ an, wie Falcon sagt:

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ein grosser Holzherd, der dank oeligem „Firewood“ ganz schnell das erste, leckere Mittagessen fuer uns gart – Jochen, Traudl, wer hat bloss fuer Euch gekocht?? Es gibt das unvermeidliche Huhn in allen Variationen, aber auch Fisch, dicke Pfannkuchen zum Fruehstueck – alles andere als „maessig“… Und dazu schallt aus der Kueche ein kaum zu stoppendes Lachkonzert – Jerson, der Assisitent, Daisy, Falcon – alles gackert dauernd, dazu die Kinder, die „amiga, amiga“ rufen, Fussballspielen oder einfach nur ein bisschen rumgeschleudert werden wollen oder englische Zahlen lernen. Unten zu sehen: Daisy mit Rebecca und Flavia. Es fehlt nur die kleine Ingrid – ich glaube, die Namenspaten waren alles Gaeste zum jeweiligen Geburtstermin ;)…

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Und dann geht nach der Siesta die Serie der Waldgaenge los. Falcon zeigt uns alles, was zu finden ist, Magenmedizin und Vogelspinnenkinder, Aras im Flug und Delfine. Er geht so zielsicher vor uns her – wie macht er das bloss? Mit der Machete haut er Loecher in den Unterwuchs, oder…?? Ich denke, er markiert auch den Weg. Schon beim ersten Gang, der im tropischen Nachmittaagsregen endet, waeren wir hoffnungslos verloren gewesen. Und als wir in Iquitos dann spaeter Randy (aus Manaus) wiedertreffen, gibt es dazu eine schoene Geschichte: Randy und Ying waren 15 Tage mit Fuehrer und Kanu im Wald am Solimoes. Und schon am ersten Tag trifft sie der Schlag – um 15 Uhr soll Richtung Zeltlager umgedreht werden, dahin, wo die Rucksaecke stehen, die Klamotten, das Essen fuer 2 Wochen, die Paesse. Der Leser ahnt es schon: Der Fuehrer dort findet den richtigen „Kanal“ nicht wieder. Erst werden unsere beiden Freunde unruhig, nach 2 Stunden steht dem Fuehrer der Angstschweiss auf der Stirn – die Dunkelheit naht. und dann die Bitte: „… wir ziehen jetzt alle drei unsere T-Shirts falsch herum an!“ Randy und Ying sind schon so verzweifelt, dass sie alles tun wuerden – und kaum ist es getan, ist der Kanal gefunden. Die Moral der Geschicht? Altes Indianerrezept, seit Jahrhunderten erproobt – wer den Weg nicht mehr findet, dreht das T-Shirt…

Das alles haben wir nicht noetig, obwohl wir auch eine klitzekleine Kostprobe von solchen „Uebungen“ kriegen, im wahrsten Sinne des Wortes: Falcon laesst bei unserem letzten Spaziergang mal Jerson vorgehen. Und hat Grund, zwei, drei Mal von hinten leise „ts, ts“ oder aehnliches zu sagen, was dann auch gleich zu einem kleinen Kurswechsel im Dickicht fuehrt. Es ist eben NICHT so einfach mit der Orientierung im Wald. Wir haben echte Hochachtung!

Die „Freizeit“ verbringen wir mit Lesen bei Petroleumschein, Schwimmen im Amazonas, der hier ja eigentlich noch Ucayali heisst (mit den rosafarbenen Delfinen in Achtungsabstand… – die sind nicht so wie die, die wir vom Meer her kennen!) und spaerlicher Koerperpflege am Anleger oder blicken gedankenverloren dem „Querverkehr “ nach…

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Falcon weiss aber auch ein paar Highlights ausfindig zu mnachen. yarapa-riese.JPG

So ganz beilaeufig und im Halbdunkel deutet er in einen hohen Baum. Ich sehe NIX! ER hat im Voruebergehen in vielleicht 6 m Hoehe einen gruenen Leguan erspaeht. Falkenaugen eben. Ein Auge, das bei der Nachtwanderung an einem Urwaldriesen vorbeistreicht – wohlgemerkt, es ist stockduster! – und „… come, come!“ fluestert. Eine Korallenschlange, so giftig wie duenn schlaengelt sich stammabwaerts. An anderer Stelle steigt er aus und verschwindet kurz im Wald, um uns kurz danach herbeizurufen. Es ist der Hit! In einer Astgabel vielleicht 10 m ueber uns plieren 5 Augenpaare auf uns herab – 3 kleinere und 2 groessere. Eine Bruellaffenfamilie schaut sich aus ihrer Loge das „Menschentheater“ am Boden an. Wunderbar.

 
Wir campen im Wald, Jerson und Falcon bauen die „Moebel“ und kochen, waehrend wir ausgiebig Repellent verspruehen 😉

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Ein unvergesslicher, nebeliger  Morgenspaziergang endet ueber den Wipfeln der Dschungelbaeume – Falcon fuehrt uns zu einem aufgelassenen „Turm“ in einem Urwaldriesen, den wir ueber Stiegen und Leitern erklimmen.

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Wollaffen bei der Obstmahlzeit sind ebenso Programm

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wie das abendliche Fussballspiel in La Libertad, und noch besser waren vielleicht die viel zu wenigen Unterhaltungen mit Falcon, in denen er uns von seiner Familie, von Vater und Grossvater erzaehlt, die ihm all die Kenntnisse ueber das Dschungelleben auf vielen, vielen Wanderungen vermittelt haben. Ueber das Leben im entlegenen Dorf. Ueber das Kochen von Pango (Fisch und Banane), das er uns mit den selbst gefangenen Piranhas und Welsen vorfuehrt, als wir im Wald campen.  Er geht auf einen Baum zu, piekt in den anhaftenden Termitengang und reibt sich mit den aufgebrachten Viechern die Haut ein! Ein wirksames indianisches Repellent gegen die Stechmuecken – die uns uebrigens in der Lodge fast gar nicht plagen, nur in der Nacht im Wald! Wir haetten noch Tage und Wochen mit Falcon gehen koennen, und wir waeren gern auch in Iquitos noch ein Weilchen mit ihm durch das ganz normale Leben als Wald-Staedter gelaufen und haetten uns dann doch noch an die Kaefermaden-Spiesse herangetraut. Aber statt der erhofften Zeit mit seiner kleinen eigenen Familie, die wir in Iquitos noch kennenlernen, geht er am naechsten Tag wieder raus an den Yarapa. Ein Finnisches Paar braucht vielleicht ein idniansiches Repellent fuer skandinavische Mueckenplagen? In jedem Fall braucht es eines: Falcons Falkenaugen.