Südafrikanische Ansichten

Strauß müsste man sein. Man könnte den Kopf in den Sand stecken

Strauß müsste man sein. Man könnte den Kopf in den Sand stecken

Beit Bridge Border Post, 28.2.20160, 4:00 h morgens.

Wir stehen in einer endlosen Schlange von Bussen, die nach Zimbabwe wollen. Immigration ist erledigt, aber so wie es aussieht, will der zimbabwesche Zoll alle Gepäckanhänger auspacken. Uns soll’s egal sein, wir haben Südafrika termingerecht vor Ablauf der Visa verlassen. Warten wir’s ab.

Solange der Akku reicht, noch einmal kurz zurück zu unserer Kurzreise entlang der Garden Route.

A1 Yotclub mit regionstypischem Frühstücksei

A1 Yotclub mit regionstypischem Frühstücksei

Oudtshoorn war ganz lustig. Wir sind eben doch recht wählerisch geworden, und so überraschten wir unsere Gastgeber im hübschen A1 Yotclub zunächst mit der Ankündigung, gern einen Tag anhängen zu wollen, den wir aber dann mit einer ausgedehnten Frühstückssitzung im Garten verbrachten, um am Nachmittag noch schnell das Oudtshoorn-Pflichtprogramm abzuhaken: Straußenfarm. War interessant, aber oh und ah kamen uns nicht über die Lippen. Saumäßig verwöhnt eben.

Blue Train für Arme. Hostel in Mossel Bay

Blue Train für Arme. Hostel in Mossel Bay

Unsere Garden Route… Wir haben einfach schon zu viele wunderbare Sachen gesehen, um in stete Begeisterungsstürme auszubrechen. Am Start, noch am Kap, die Pinguine am Boulder Beach, toll. Der „Blue Train“ am Strand, in dem wir unterkamen. Die Fahrt durch den Urwald zwischen Knysna und Uniondale wäre erwähnenswert. Das Durchqueren von weißem Kernland. Ein kleines, feucht-kühles Bergdorf namens Greyton, voll im Griff der Wochenend-

Pinguin am Boulder Beach, SImons Town

Pinguin am Boulder Beach, SImons Town

Mountainbiker. Die verrückten Motorradfahrer auf den Pässen Richtung Kapstadt. Franschhoek – ganz Schickimicki-Cape Town ist am Sonntag im SUV angerollt und sitzt beim Wein im sonnenbeschienenen, aufgeputzten Hugenotten-Städtchen. Eher nervig. Dafür war der Besuch des Franschhoek Motor

Bugatti gefällig?

Bugatti gefällig?

Museums eine Überraschung, aber passt zum Thema „reiche Weiße“: ein südafrikanischer Luxusartikel-Tycoon stellt im alten Weingut seine bescheidene Sammlung aus. Wir halten die Nasen in veritablen Öl- und Gummidunst und suchen uns einen der Ferraris aus den 50ern als Ruhestandsfahrzeug aus. Oder wahlweise doch einen Tret-Maserati, vielleicht ist das unserem Budget eher angemessen. In jedem Fall nicht nervig, dieser Abstecher.

Zum Abschluss unserer kleinen Südküstenreise sitzen wir im Schatten großer Platanen im Park von Boschendal ( ja was wohl? Weingut!) und breiten unsere Picknickdecke aus. Kaffee. Um uns herum sitzt man auf den frei verfügbaren Bean-Bags und füllt die Leih-Picknickkörbe und Kehlen und Adern mit (nicht ganz frei verfügbaren) gekühlten Schaum- und anderen Weinen, jedenfalls tun das die anderen Ausflügler alle. Nett, aber nicht wirklich unsere Welt, dafür bietet uns die gutseigene Schlachterei eine Boerewors und der Bäcker das, wie sich herausstellen soll, beste Roggenmischbrot seit… Panama oder so. Pure white, pure Europe. Nur die Kaffee-und Weinverkäufer haben die korrekte Hautfarbe; und kriegen für ihre Dienste wahrscheinlich nicht sonderlich viel (Hotel-Hauspersonal 15 Rand/Stunde. Das ist nicht ganz ein Euro…).

Das ist Kayalitsha. Teilansicht...

Das ist Kayalitsha. Teilansicht…

Und dann heim. Ein paar Kilometer hinter der Abschlussidylle rollen wir an Kayalitsha vorbei, einem erschreckend anzusehenden Township gigantischen Ausmaßes. So ist Südafrika. Das Thema –  soziale Schere, fehlgeleitete Politik, Apartheid und Rassismus –  lässt einen nicht los. Ich verleibe mir gerade ein Buch eines Journalisten ein, der, ursprünglich selbst eingefleischter Anhänger, harsche Urteile über den aktuelle Regierungspartei und den Präsidenten fällt, aber auch über die unverändert schwarzenfeindliche Haltung vieler oder gar der meisten Weißen, es heißt: „We Have Now Begun Our Descent“, von Justice Malala (wer andere Bücher empfehlen kann, nur zu!).  Als in der vergangenen Woche wieder einmal Studentenproteste beginnen und dieses Mal Bilder weißer Förderer der Universität von Kapstadt in Flammen aufgehen, forsche ich im Netz nach – und lande auf einer ultrakonservativen „News“-Seite, die mit den ganzen alten Kamellen aufwartet; die Überlegenheit der Weißen, diesmal in Form massiv und offen rassistischer Medienkommentare. Da hat sich überhaupt nichts geändert, und wenn sich nicht alles zum Schlimmeren wenden soll, dann muss eiligst dafür gesorgt werden, dass schwarze Südafrikaner wirklich gleichberechtigt werden, von Schul- über Berufsausbildung bis zur qualifizierten Beschäftigung. Genau dafür steht die derzeitige Regierung nicht, die lässt stattdessen zu, dass – wie in der gesamten Provinz Limpopo 2013 geschehen – über 9 Monate, also fast ein Schuljahr lang keine Schulbücher zur Verfügung stehen. Die Vela schickte mir zum Thema Proteste heute das Link zu einem Spiegelartikel. Übrigens ist die Gleichschaltung der Medien in Südafrika ein neuer, sich rasant ausbreitender Sport. Sagt Malala… Gefährlich.

Wir gucken uns inzwischen – es ist Montagabend, wir haben die Grenze zu Zimbabwe erfolgreich überquert und sind in Victoria Falls eingetrudelt – an, wie es auch in Südafrika enden könnte: Einparteienstaat, kollabierende Wirtschaft, Gewalt und ein Exodus weißer Mitbürger. Hier bekrabbelt man sich zwar langsam, aber Wohlstand ist was anderes. Dennoch genießen wir nach Südafrika nun „Afrika“, und darum ist hier jetzt Schluss mit dem Lamentieren, und morgen gibt es dann eine Ladung Reisespaß „afrikanisch“. Bis dann!

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Tief geschürft

7.2.2016 – Kapstadt

Hier ist was los – wir überlegen gerade, wo wir noch ein paar Angstleinen ausbringen können. Kein Flugtag für kranführende Gänse! Gestern abend fing das Geheule, das zweite in dieser Woche, an – wenn der Tafelberg sich seine graue Mütze aufsetzt, wissen die Bewohner der Marina, was die Stunde geschlagen hat. Seit Stunden haben wir jetzt 40+ Knoten Wind, man muss aufpassen, dass es einen nicht vom Steg haut. Mit Spannung beobachten wir kleinere Aulösungserscheinungen an Nachbarbooten, ich selbst fühlte mich um 5:30 heute früh bemüßigt, die durchgescheuerte Firstleine von unserem Cockpitdach zu ersetzen. Die Fußschlaufen an der Rückwand mache ich erst, wenn der Tafelberg die ominöse Wolkenmütze abgesetzt hat, angeblich am Dienstagmorgen. Aus meiner Sicht darf es gern gleich aufhören, es schläft sich bei dieser Geräuschkulisse nämlich schlecht. Eine Lektion haben wir heute gelernt: lass keine schönen TEVA-Flipflops auf dem Steg stehen. 1. haben wir heute nacht damit Plastikmüll (zwei Paar!) gemacht und 2. trauern wir dem Müll auch noch hinterher. Nächste gute Flipflopstation: Brasilien.
Dies war das schon lange zur Veröffentlichung anstehende Vorwort zum eher Tiefschürfenden.

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Oudtshoorn, 19.2.2016, auf Landreise

Höhepunkt der ersten Kapstadtwoche betraf einen Tiefpunkt der südafrikanischen Geschichte – ein Besuch auf Robben Island. Dass wir uns etwas schwer tun mit der südafrikanischen Gegenwart, hatten wir ja schon gesagt, und wer Kapstadt besucht, muss natürlich Robben Island gesehen haben, die Insel, die 6 Seemeilen vor der Stadt liegt, ein flacher Haufen Fels und Sand. Schon Bartolomeu Diaz, der als erster die Kaps gerundet hat, bediente sich hier, denn es ist eben nicht nur Fels und Sand, sondern war damals eine Art Seefahrer-Supermarkt: reichlich Wasser aus Quellen, viele Pinguine, Robben und Schildkröten zum Auffrischen des Proviantes. Das blieb so, bis im 17. Jahrhundert die holländischen Könige auf die gute Idee kamen, dass dort vor der Station der Holländisch-Ostindischen Kompanie ein Inselchen liegt, das ideal geeignet ist, unliebsame Mitbürger – vom aufsässigen Prinzen bis zu Leprösen und geistig und körperlich Behinderten – zu verwahren und sie gleichzeitig  im Blick zu behalten. Als die Briten übernahmen, behielt man diese Sitte bei. Nachdem die Kranken im 20. Jahrhundert nach Kapstadt verlegt worden waren, entwickelte sich unter dem Apartheidregime allerdings eine der harschesten Gefängnisinseln für politische Gefangene, die man sich vorstellen kann, und heute ist es ein täglich von vielen Hundert Touristen aufgesuchtes Ziel, natürlich vor allem, weil Nelson Mandela hier mehr als 18 Jahre seiner Haft abgesessen hat. Der Tourist wird von einem schicken Museumsgebäude am Victoria&Albert-Vorhafen auf Fähren ge- und im Hafen der Insel abgeladen. Die Guides sind ehemalige Häftlinge, was die Führung umso authentischer macht. Wir haben in den letzten Jahren schreckliche Aufbewahrungsorte für Häftlinge gesehen – die Teufelsinseln in Französisch Guyana zum Beispiel, das Stasigefängnis in Rostock, die Gulagausstellung in Moskau oder das unsägliche Gefängnis 21 in Phnomh Penh. Der Schrecken hier scheint uns in einer gnadenlosen Zermürbungstaktik gelegen zu haben, angefangen von mangelhafter Ernährung, über die – später von der UN kritisierten – Kontaktsperren, Schreibverbot, Leseverbot; Letzteres waren „Privilegien“, die man sich verdienen musste und jederzeit wieder gestrichen werden konnten.  Ein Beispiel aus dem Tollhaus der Apartheid-Denkungsweise bleibt für mich die Ungleichbehandlung der Häftlinge: Weiße und „Coloureds“ – auch genannt „Bräunlinge“, Mischlinge zwischen weiß und afrikanisch-schwarz oder asiatisch-braun  – „nicht-Schwarze“ also, erhielten lange Hosen und Schuhe, schwarze Afrikaner keine Schuhe und nur kurze Hosen (nebenbei bemerkt ist es hier in der Tafelbucht schon im Sommer arschkalt…).  Uns wurde ein System von unterschiedlichen Haftphasen vorgeführt, Einzelhaft für die Unbotmäßigen, Sammelzellen für über 50 Leute, Isolierung der politischen Führer und militärischen Kader in Einzelzellen, Beschränkung von Rechten (Besuche, Briefe…). Sehr „nett“ auch die Rationierung: Schwarze 5 Ounces (140 g) Pap und Muckefuck, nicht-Schwarze 6 Ounces (180 g), mit Tee-Berechtigung.  Und so fort.  Dazu schwere, aber sinnentleerte Arbeit und viel persönliche Grausamkeit seitens der Wachmannschaften – ein wirkliches Wunder, dass man das über lange Jahre mit klarem Geist übersteht. Im zweiten Teil unseres Besuches wurden wir über die Insel gefahren und bekamen einen sehr eindrücklichen Vortrag über den zentralen Kalksteinbruch, in dem auch Mandela gearbeitet hat – so hell übrigens, dass alle Beteiligten Katarakte entwickelten, aber selbst den Wachmannschaften wurde das Tragen von Sonnenbrillen untersagt. Hier kam dann eine „Geschichte“, ob Legende oder nicht: in einem Einschnitt des Steinbruchs, der gleichzeitig den einzigen Schattenplatz darstellte, wurde der Gemeinschaftsabort eingerichtet, und des Schattens wegen nahm man dort auch das Mittagessen ein. Lecker. Der Schuss ging ein bisschen nach hinten los, weil Weiße, auch Wächter, bekanntlich (oder nicht bekanntlich) „schwarze Aborte“ wegen der Apartheidregeln nicht besuchen durften; so wurde diese zum Himmel stinkende Kantine ein Ort, an dem Schlüsselfragen des politischen Widerstandes diskutiert werden konnten. Eine weitere dieser Geschichten betraf das Haus, in dem man Robert Sobukwe gefangen hielt, in absoluter Einzelhaft. Rein rechtlich keine „Haft“; denn nach Abbüßung seiner Freiheitsstrafe wegen Aufwiegelung wurde er sofort deportiert und mit einem absolutem Kontakt- und Sprechverbot versehen, das er nur durch eine Art Zeichensprache umgehen konnte, wenn sich andere Häftlinge jenseits des Zaunes aufhielten: Sand streuen, Hand heben, Steine drehen. Robert Sobukwe war einer der Anführer des „Dom Pass“.Protestes, der Afrikaner dazu aufforderte, ihren Pass bei der Polizei abzuliefern – ein Afrikaner ohne Pass musste eingelocht werden, und man wollte mit Massenverhaftungen ein Zeichen setzen. Leider kostete die entstehende Nervosität 69 Menschenleben, als die Polizei auf die Massen zu feuern begann.
Noch eine Geschichte: das Tennisspielen. Die Häftlinge in Block A und B, Kader und Anführer, hatten in den späteren 70er Jahren durch Hungerstreik einige Rechte erstritten – das Recht zu lernen und zu lesen sowie zu lehren – andere Häftlinge, aber auch Wächter bekamen hier von den teils hoch gebildeten Häftlingen alles beigebracht, Lesen und Schreiben, Fremdsprachen, juristische Fachkenntnissen. Zu diesen Rechten gehörte das Gärtnern in den Innenhöfen der Blocks und das Tennisspielen. Auch das Tennisspielen zwischen den Blocks, natürlich nur ganz versehentlich. Mit Bällen, die man öffnen und eingeschlossene Nachrichten entnehmen konnte: das „Robben Island Post Office“.  Mandela hat übrigens den ersten Entwurf seines „Long Walk to Freedom“ in seinem Garteneckchen verborgen. Man scheidet von dieser Insel mit der Frage, wie man selbst wohl so eine Haft überstanden hätte. Wahrscheinlich nicht ungebrochen.

Jedenfalls hat mich der Besuch animiert, ein bisschen offensiver im Umgang mit Südafrikanern aller Couleur zu sein, zu fragen, auch dumm zu fragen.  Ein gutes Erlebnis war ein Treffen mit einem Clubmitglied, der vor nicht allzu langer Zeit ein Buch geschrieben hat, „Back to Angola – From War to Peace“, das mich schwer beeindruckt hat. Paul Morris hat eine interessante Fahrradreise in Angola unternommen, denn er war 1987/88 als Pflichtsoldat im Kampfeinsatz in Angola – auf Seiten der Südafrikaner, in „unserem“ Stellvertreterkrieg zwischen Kommunismus und Kapitalismus. Der Erste, der mir jemals Kampfhandlungen beschrieben hat und auch, wie man im erzkonservativen Südafrika der Apartheid gedacht hat, wie militärisch seine Jugend geprägt war und wie es ist, wenn man sich als Pflichtsoldat nach einigem Überlegen eigentlich auf der falschen Seite der Geschichte positioniert sieht. Die Reise, die 2012 stattgefunden hat, war kein lustiges Strampeln, sondern die Suche nach dem neuen Angola, die Konfrontation mit den alten Gespenstern und das Davonradeln vor ganz akuten Gegnern und Bedrohungen: angolanische Behördenvertreter, namibische LKWs, Magendarm-Infekte.  Gutes Buch, finde ich, und es hat mich auch über die eigene Geschichte denken lassen, besonders der Geschichte der Männergeneration unserer Väter und all der komischen Figuren, die unsere Lehrer waren und vielleicht doch den einen oder andere Dachschaden aus dem Krieg zurückgebracht haben.
So wurschteln wir uns durch die politische Landschaft, hören von abgrundtief schlechten Verhältnissen an den Schulen, denen jedes Geld fehlt, um denen, die sich private Schulen nicht leisten können, eine auch nur annähernd adäquate Ausbildung zu geben. Wir hören von haarsträubenden Fehlbesetzungen in Schlüsselpositionen der Wirtschaft und in Behörden, wo man der Schwarzenquote gerecht wird, indem man den nächstbesten nicht-Qualifizierten dort hinsetzt.  Vom Unmut der Frauen über die absolut patriarchalische Kultur der Xhosa und Zulu. Und natürlich nehmen wir das wahr, was Paul „die Paranoia unserer weißen Mittelschicht“ nennt. Siehe der Beitrag „… aber nicht in die Stadt gehen…“. Und richtig platten, offenen Rassismus gibt es auch, aber den eigentlich eher in der Form von Weißen gegenüber ihren schwarzen Mitbürgern.

Jetzt fahren wir gerade durch die Lande, sitzen im Moment im paradiesischen Garten einer Pension à­n Oudtshoorn, genießen den Ausblick auf Natur und die fernen Bergen zu allen Seiten und die Annehmlichkeiten vornehmlich weiß (und bunt) initiierten Wohlstandes – und wissen doch, dass nur wenige Kilometer von hier Townships liegen, in denen schwarze Afrikaner in erbarmungswürdigen Umständen leben.

Während sich aber  bei den Weißen schon eher Unruhe bemerkbar macht – wir sehen jetzt, woher die vielen Auswanderer in Neuseeland und Australien kommen! – hörte ich neulich von einer schwarzen Verkäuferin, mit der ich lange sprach: „… so ist das hier in Südafrika!“
Der Tenor ist aber auf allen Seiten: wir sind im Umbruch. In welche Richtung es geht, wissen wir noch nicht.  Kurz: so richtig optimistische Stimmen fehlen uns noch.

Aber hurra! Im nördlichen Angola hat man auch tief geschürft und dabei den größten Diamanten der Region gefunden. Der Erlös kommt dort bestimmt der Allgemeinheit zugute…

… und Kapstadt

Royal Yacht Club mit Mütze

Royal Cape Yacht Club mit Mütze auf dem Tafelberg

Cape Town, 31.1.2016

Fast wäre mir hier gerade ein 2014 herausgerutscht, ich bin wohl doch etwas in der Zeit zurück.  2014, das ist weit weg, geografisch gesehen. Brisbane. Queensland. Noch am Rande des Pazifiks.  Ach, ja…

Wir sind zurück in kalten Gewässern, dieses hier nennt sich Atlantik. Unser „Heim-Ozean“ quasi. Die Strecke Port Elizabeth-Hout Bay mit den gefürchteten Kaps – Kap Agulhas und Kap der Guten Hoffnung – war unspektakulär, wenn man von Nebelbänken absieht (danke, Wetterwelt, danke an unsere eigene Geduld…). Ab Kap Agulhas mehrte sich der Nebel, dort kommt aus Süden der Benguelastrom heran und lässt die feuchtwarmen Luftmassen direkt über dem Wasser kondensieren. Toll in der Nacht: pottendicker Nebel mit einem winzigen Stück Sternenbeleuchtung direkt über uns. Auch toll: wir schalten das Blitzlicht ein, weil die „Henriette Rickmers“ und andere Schiffe um uns kurven – und jeder Blitz macht die weiße Suppe ringsum taghell, aber zu sehen ist nichts. Plötzlich ist der Blitz weg – was ist das?  Klar, wir sind aus der Nebelbank gefahren, der Blitz wird nicht mehr reflektiert.  Richtig spektakulär war nur die Ankunft in Hout Bay. Ungefähr 10 Meilen vor dem Ziel fing es an zu pfeifen, und zwar so, dass wir die heftigsten Winde auf unserer  Reise – seit 2007! – verzeichnen konnte. Typisch für die Gegend hier, es bläst gut aus Südost (im Sommer), und die Berge und Kaps sorgen für die entsprechende Windbeschleunigung. Es war wirklich unglaublich, man hörte sein eigenes Wort nicht mehr. Sicht prima, wenn man von der flach abwehenden Gischt absieht, dazu glücklicherweise durch den schon wirkenden Landschutz keine große Welle.

Das Kap der Guten Hoffnung

Das Kap der Guten Hoffnung

Mühsame, stürmische Meilen, so als wollte das Kap der Guten Hoffnung  uns nachweisen, warum es früher „Kap der Stürme“ hieß. Schon in Port Elizabeth hatten wir einen Gedenkstein für Bartolomeu Diaz gesehen und für seine erste Reise um die Südspitze von Südafrika,  1488 (erst!), eine ganz geheime Fahrt, um den Seeweg nach Indien zu finden. Ich glaube, ehrlich gesagt, die Geschichte nicht, der damalige portugiesische König

Zur erläuterung ein Bild von den Strömen. ROt: über 3 Knoten, das ist der Agulhas-Strom

Ströme an den Kaps. Rot=über 3 Knoten, das ist der Agulhas-Strom

habe das Kap der Stürme in „da Boa Esperanà§a“ umgetauft, weil die Hoffnung bestand, dass nun endlich der Seeweg nach Indien gefunden würde. Ich glaube eher, dass die Reise um die Kaps für die schlecht zu manövrierenden Rahsegler gegen vorherrschende Ströme und Winde so eklig war, dass man sich einfach der Guten Hoffnung hingab, bald die Südspitze von Afrika erreicht zu haben. Es gibt auch die Theorie, dass die Seefahrer aufgrund der Wassertemperatur Hoffnung schöpften – das Wasser wurde wärmer, musste also ungehindert von Norden einströmen; aber diese „Gute Hoffnung“ trifft eigentlich eher auf das weiter südlich gelegene Kap Agulhas zu, das tatsächlich die Grenze zwischen Atlantik und Indik markiert.  Egal. Das waren großartige und mutige Leistungen damals – was sind wir doch für Hühnchen mit all unserem Elektronik-Schnickschnack.
Trotzdem blieb die Anfahrt in den Fischereihafen von Hout Bay spannend. Wo man normalerweise schon des Wortes „Bay“ wegen eine windgeschützte Bucht erhoffen kann, sah man nur endlos aufgepeitschte, weiße Wasserfläche. Wie wir später feststellten, hatte auch der Sonnenschutz der Fock seine liebe Müh‘ mit dem Wind gehabt und begann sich zu verabschieden. Und, als wir endlich drin sind, wurde es noch besser: wir dürfen eine Schramme am Bug reparieren lassen. Knirsch. Rostige Klampe bohrt sich in den AKKA-Bug. So was Doofes. Als Folge habe  ich gestern erstmalig bereitstehende Leinenhilfe abgewiesen und bin eigenbeinig auf den Ponton abgestiegen – keine Lust mehr auf unwillige oder eigenwillige Helfer, und auf dösige im Starkwind schon gar nicht.

Seebären in HOut Bay

Seebären in Hout Bay

Hout Bay erwies sich als ausreichend großes Vergnügen, nachdem sich der Wind gelegt hatte. Nette Leute in einem eher bescheidenen Yachtclub, spannende bis abenteuerliche Schiffe ringsum, dicke Seebären halten ihre Schläfchen auf den Pontons. Am Wochenende füllt sich der weiße Sandstrand mit Menschen. Und mit vielen Hunden, die hier die Ohren im Wind wehen lassen und Bälle und  Stöcke oder anderes Strandgut aus den Wellen fischen. Supermärkte in Fußmarschreichweite – und was für welche! Jenseits des Fischereihafens fängt Kapstadt an, mit luxuriösen Wohnhäusern und Appartments – und mit reichlich europäischen Touristen und Überwinterern, die hier ihren schönen Euro in vergleichsweise viele Rand tauschen und ein nettes Leben führen. Eigentlich angenehm und zum Bleiben verlockend, wenn wir nicht einen recht exponierten Pontonplatz zugewiesen bekommen hätten. Der HBYC in Person des äußerst zugänglichen Alan versprach zwar, sich um einen besseren Platz zu kümmern, aber die geschützteren Innenplätze sind alle von Hiesigen belegt, sehr verständlich bei den herrschenden Windverhältnissen. Am Montag nach der Ankunft hocken wir daher auf den Bus nach Kapstadt: Marina angucken. Auch diese Busfahrt ein Erlebnis, denn was man in Hout Bay –  einem Fischereihafen mit fischverarbeitender Industrie – schon ahnt, setzt sich entlang dieser sensationell anzuschauenden Steilküste fort. Luxusbleiben, Hotels, und je näher man Kapstadt rückt, umso mehr Coffeshops reihen sich an „Woolworth Food“ („with extensive kosher and halal department“), es gibt Designer-Möbel, Elektronik, Restaurants. Lifestyle pur. Vielleicht typisch für die Gegend: die rundliche schwarze Nanny, die mit einem MASERATI-Kinderbuggy den Bus besteigt – Tipp vom Eigner? Sie holt das kleine Mädchen vom Ballett. Wohl eher vom exklusiven Kindergarten, aber über die Porschedichte müssen wir nicht reden, oder?
Nicht ganz so dicht dürfte dagegen die Porschedichte in dem Flecken Stadt sein, den wir auf der Rückfahrt über Hout Bay am Hang kleben sehen. Shantytown. Blechhütten dicht an dicht.  Wer genau hinguckt, entdeckt die sozialen Unterschiede eigentlich immer.

Alte Kräne am Multipurpose Terminal

Alte Kräne am Multipurpose Terminal

Das Ergebnis unserer Stadtfahrt war, dass wir AKKA am Dienstag nach Kapstadt verholten, in den den Royal Cape Yacht Club – wunderschön, durch ganze Felder von sonnenbadenden Robben. Reichlich Boote hier, viele alte Bekannte, die den Absprung nach Namibia, Brasilien oder direkt nach Europa abpassen. Der RCYC liegt zwar in einer entfernten Ecke des Industriehafens, so wie wir es mögen (siehe Singapur), aber es gibt nette Leute, ein angenehmes Clubhaus.

KranführerIn

… und eine KranführerIn

Über dem Ganzen thront der sensationelle Tafelberg. Aber eines muss man sagen: würden uns nicht die Bedienungen im Clubrestaurant oder die Arbeiter im Boatyard und drüben im Cargoterminal daran erinnern – Schwarzafrika wäre weit weg.

Da müssen wir uns von einer anderen Seite annähern.  Später mehr.

Tierisches aus Afrika

Port Elizabeth, 14.1.2016

Mal andere Gesichter sehen. Ein Werbeslogan des Hannoverschen Zoos vor vielen Jahren – hier sind mal ein paar „andere Gesichter“ in freier Wildbahn!
PS: Ich rätsele gerade, warum die Galerie nicht die Ordnung einhält…

Wird aufgefülltt!

Aber nicht in die Stadt gehen…

DSC01657Port Elizabeth, 13.1.2016

Schwiieerig!  Schwierig, dieses Südafrika!
Ich komme gerade aus der Dusche, nach 3 Seetagen immer prima, und der Algoa-Bay-Yachtclub bietet da etwas in dieser Richtung.  Mit heißem Wasser . Geräumig, hell und sauber. Super, auch wenn Meckerpötte das Gegenteil behaupten. Aber ehe man die Dusche erreicht, gibt es schon einen Schnack auf dem Steg… „… na, wo is‘ man denn ssu Hause?! Ick bin schon seit viele Jahre hier! Wat? Hannover?  Na, juut, kleene Stadt, aba immahin trinken se da schon Cola! Ick mein‘, dit is in‘ Osten ja furchtbar, jottseidank schicken se nu‘ all dit Jesindel hin…“
In was für einer Schublade sind wir denn hier gelandet? Maannn. Zusätzlich haben wir gestern schon Berühmtheit erlangt, weil ich die freundlichen Leinenhelfer angebölkt habe. Ich bitte einen, die Spring über die Klampe zu legen, „… und bitte nichts weiter!“ , der drückt daraufhin die Leine einem Kumpel in die Hand, und während Andreas in die Spring fahren und ich die Spring derweil fieren will, belegt der wache, aber nicht über unsere Absichten informiert Geist am anderen Ende die Leine. „Nooo, please – untie it!  Please!“  „Wir können auch deutsch sprechen, Frollein! Und außerdem, ich wollte doch nur helfen.“ „Super, danke!“ Wir wollten doch nur anlegen… Und ohne so ein „Hauptsache irgendwie fest“-Ding.

In der Lüneburger Heide. Oder Allgäu

In der Lüneburger Heide. Oder Allgäu

Na, juut, dann jetzt chronologisch weiter!
Die Fahrt von Swaziland zurück nach Südafrika war so: Piet Retief, einkaufen, unterwegs ein Waldrand-Picknick mit Buchung des nächsten Hotels (übrigens empfehlenswert: B&B „Chez Nous“ in Dundee!). Und dann durch die Mitte. Die Mitte von Deutschland, Lueneburg, Braunschweig. Eigentlich hatte das Picknick in Hermannsburg stattfinden sollen, aber irgendwie lag das dann doch nicht so direkt am Wege. Hier haben die deutschen Missionare (und die schwedischen!) reichlich Spuren hinterlassen, es gibt – tz.B. The Larsen-Filter-Memorial – typisch kaiserliche Mahnmäler für in den Zulukriegen Gefallene, und die Farmen, an denen wir vorbeirumpeln (der Cityhopper braucht unbedingt unbefestigte Straßen!) sind nicht von schlechten Eltern. Filter, Beneke, Gevers.  Alles durchmischt mit kleinen Ansiedlungen der Arbeiterfamilien, Kleinbusse, die kwela-kwelas,  preschen durch die Landschaft, voll beladen und noch voller besetzt – es ist der Samstag zum 4. Advent.  Und diese Landschaft ist durchaus atemberaubend, man kann sich vorstellen, dass ein Siedler-Missionar aus dem 19. Jahrhundert hier eine Art Paradies vermutet hat. Weite Hügelformationen, teils Wald, teils Weidewirtschaft, hohe Berge am Horizont. Nach vielen, vielen Kilometern und einem gerüttelt Maß Zweifel, ob diese Straße nun doch für Cityhopping geeignet ist oder nicht, erreichen wir die Asphaltstraße, die uns nach Dundee führt.
Das ist eine Gegend mit einer überaus kriegerischen Geschichte:  in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts waren die Buren der britischen Regeln in der Kapprovinz überdrüssig geworden waren – die Briten hatten freie Weiße und Schwarze gleichgestellt und verfolgten nun auch noch die abwegige Idee, die Sklaverei aufzugeben!  Nun gut, sie waren auch sonst dominante Kolonialherren über Schwarz und Weiß (nämlich die Buren oder „Afrikaaner“), die Afrikaans als Amtssprache, vor allem aber als Gerichtssprache unterbinden wollten und mehr. Also machten sich die „Voortrekker“ in Richtung Osten, ins Landesinnere, auf und gründeten im Laufe der Jahre 3 burische Republiken, Natalia (das sie ganz schnell an die Engländer verloren), TransVaal und den Oranje Freistaat. Alles zum Ärger der dort ansässigen Zulus, die sich nach Kräften bemühten, ihre traditionelle Kriegsführung gegen die Eindringlinge straffer, militärischer zu organisieren. Was ihnen gelang, zum Beispiel brachten sie einen der Haupt-Vortrekker, Piet Retief, um,  bis sie am Ncome-Fluss eine schreckliche Niederlage erlitten, denn leider (oder glücklicherweise) war der Schusswaffengebrauch in ihren  Bemühungen noch nicht inbegriffen.  Wir waren da – der Ort heißt Bloed Rivier, also Blutfluss bzw. Blood River, und es gibt zwei Museen. Das burische, das mit einer Wagenburg aus 64 bronzenen Ochsenkarren aufwartet sowie einem überdimensionalen steinernen Karren, auf dem das Gelöbnis der Trekker abgebildet ist, das täglich neu ausgesprochen wurde. „…wenn wir obsiegen, dann ist dies Gottes Wille, und wir werden ihm dafür ein Gotteshaus errichten.“  So etwas in dieser Art.  Am 16. Dezember

64 Ochsenkarren

64 Ochsenkarren

1838 kam es dann zur Schlacht, die Zulus unter Dingane in einer Übermacht von 1:50. 470 Buren gegen 20.000 Zulus und mehr. Die Buren gewannen dank dreier Kanönchen und einiger Gewehre, und der Ncome-Fluss hieß fortan nicht ohne Grund Blutfluss. Ein schrecklliches Gemetzel (was auch mehrfach verfilmt wurde…). Dies war eine der großen Schlachten im Krieg zwischen Buren und Zulus und ist bis heute einen Nationalfeiertag wert: erst war es der Tag des Gelöbnisses,

Schwülstige Erinnerung an den Sieg

Schwülstige Erinnerung an den Sieg

„Covenant Day“, dann, nach 1994 für eine Weile in Erinnerung an die Zulus „Dinganes Day“, heute ist es der Tag der Aussöhnung.  Schwierig, dieser Platz, mit all der heroisch-burisch-nationalen Geschichtsaufbereitung. Aus meiner Sicht ist das Burenselbstverständnis absolut abstoßend, allein schon, weil die Überzeugung vorherrscht, man könne schreckliche Verbrechen einfach wegbeten. Wen wundert, dass das Ncome-Mahnmal gegenüber immer wieder für Zulu-Nationalismus missbraucht wird?

Nächste Station: „Der“ Burenkrieg. Eigentlich der 2. Anglo-Boer War, es gab schon einen in den frühen 70er Jahren..  Briten gegen die Buren, die Deutschen für die Buren, dazu Russen, Amerikaner, Schweden… ein Kolonialpolitklassiker des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die Engländer hatten sich einen Sonntagsspaziergang durch diesen Krieg vorgestellt, der dann im Endeffekt 3 Jahre dauerte, über 20.000 Tote auf ihrer Seite kostete und den Einsatz von mehr als einer halben Million britischer Soldaten, gegenüber 88.000 Buren, die militärisch 7.000 Totel zu beklagen hatten – aber dank Konzentrationslagern und einer grausamen Politik des verbrannten Bodens durch die Engländer fast 28.000 in der burischen Zivilbevölkerung dazu.
Zu sehen sehr schön scheußlich außerhalb von Dundee am Talana Hill. Dundee zeichnet sich durch eine Vielzahl von historischen Führungen aller Art aus, und wer militärhistorisch interessiert ist, wird sich die Armeeaufstellungen und Scharmützelplätze dort haarklein erläutern lassen, andere konzentrieren sich auf den Anglo-Zulu-Krieg, oder auf den Bürgerkrieg der Zulus…  Blutiges Land. Wir ließen es beim Überblick, aber wer ein paar Stunden Zeit erübrigen kann, sollte keinesfalls das kleine „Ladysmith Siege Museum“ auslassen, wo man alle Perversitäten der Belagerung von Ladysmith verfolgen kann.  Meine persönliche Essenz aus all dem ist der Spruch eines der führenden britischen Offiziere:  „… diese Höhe einnehmen? Aber wozu…“
Wenn schon Ladysmith, dann halte ich es lieber mit den Ladysmith Black Mambazo. „…ahoummmm, ahoummm…“  Wunderbarer Background-Chor auf dem Graceland-Album von Paul Simon.  Müsste man mal wieder hören.

Sanipass

Sanipass

Wir waren also „out-parked“ und danach „out-historied“, also nichts wie ab in die herrliche Bergluft an den Drakensbergen. Tagesausflug den Sanipass hinauf zu den Basuto, Spaziergänge durch grüne Weidelandschaft, eine Runde Golf auf dem Hotelgolfplatz – der war ein bisschen heruntergekommen, wie das ganze „Resort“ aus dem Jahre 1958, so fiel auch gar nicht auf, dass ich mit einem abgebrochenen Ast unsere Trinkwasserflasche auf’s Grün schlug, wir waren ohnehin die einzigen „Golfer“. Ein schöner Ausflug – uns kam zum Weihnachtsfest die leicht koloniale Stimmung am Kaminfeuer und das prächtige Essen gerade recht. Sehr nett.
Und dann: AKKA.  Home, sweet home, bevor wir sie wieder in „boat, sweet boat“ wandelten und über Nacht nach Durban segelten. Ohne nennenswerten Strom übrigens, obwohl doch der Agulhas-Strom gleich vor der Haustür liegen müsste. Der Point Yacht Club hat die gleiche, klapperige Steganlagenarchitektur wie Richards Bay, und mittlerweile stellen wir fest, dass Marinaanlagen ohne Poller, nur mit Ketten verankert, in Südafrika die Konstellation der Wahl sind. Man gewöhnt sich an allem…

... der Ponton ist kilometerlang...

… der Ponton ist kilometerlang…

Durban war mittel-klasse, irgendwie haben wir ja doch einen Afrikanagel und mir reicht zu meinem Glück schon vollends, einfach durch’s Gedränge zu schieben, ein bisschen Kolonialgeschichte zu begucken, sich dem Konzert der schrill pfeifenden Türschieber an den kwela-kwela-Bussen hinzugeben, die nicht nur pfeifen oder schreien, sondern auch ohrenbetäubend auf Motorhaube oder Tür hauen. Je Krach, umso Fahrgast. Die

Unvermeidlich...

Unvermeidlich…

Türschieber schieben übrigens weniger die Tür selbst, denn die geht häufig sowieso nicht zu, nein, sie schieben mehr die Fahrgäste durch die Tür… und wenn man nicht aufpasst, holen sie einen mitten auf dem Fußgängerüberweg ab und verfrachten einen in ein kwela-kwela in eine Richtung, in die man gar nicht will. Kurz: Durban ist spannend, wild und spaßig. Nicht immer. Wir haben in unserem Leben noch nie so viele Warnungen gehört, was man alles nicht tun soll – und ganz ehrlich, ich war Trinkwasser holen gegen 18:00, und da die Läden geschlossen hatten, musste ich ein Stück die große Einfallstraße am Hafen entlang laufen, rechts Bahnlinie und alter Baumbestand, AKKA im Hintergrund (der Ponton ist kilometerlang!), nach links Gebäude von praktisch-modern über Art Déco zu kolonial-viktorianisch. Nicht schlecht anzuschauen – aber wenn sich gegen Sonnenuntergang die Straßen leeren, fängt man doch an, von Eingang zu Eingang zu peilen, schätzt die Wachleute ab, die dort sitzen und beschleunigt im Endeffekt die Schritte. Allzu viele arme Leute kommen in die Stadt, schlafen in den Parks oder in Hauseingängen, und wenn dann so ein Yachtie-Dussselchen mit großem Rucksack (mit 2×5 l Wasser drin…) vorbeikommt… wer weiß!?  Die Warnungen hören wir von allen Seiten, und sie wirken. Andererseits fragt man sich, wieviel davon traditionelles Gerede ist. Kommt Robert, ein deutscher Exilant an die AKKA und begrüßt uns, ist ja immer nett mal deutsch zu reden.  „… was, einkaufen?! Ja klar, ich fahre Euch in die Mall!  Tolle Malls und gute Supermärkte!“  Hm, so hatte ich die Frage nach Supermärkten nicht gedacht. „Nein – in die Stadt könnt Ihr nicht zum Einkaufen. Da gibt es nichts in den Supermärkten, das ist alles für die Schwarzen…“  Yihaa, here we go.  Also, wir waren in der Stadt, und wir sind als Weiße die absolute Ausnahme, aber die Supermärkte sind sehr gut, Shoprite hat alles Notwendige, Woolworth „Central“ noch ein bisschen mehr, und ja, es stimmt, die Supermärkte in den Malls sind noch besser; übrigens Malls, in denen immer noch die natürliche Bevölkerungsschichtung erkennbar ist. Reicher schwarzafrikanischer Mittelstand tummelt sich im „Gateway“ oder dem „Pavilion“.  Und doch fragt man sich – wieviele von den Anwesenden sehen uns und halten uns für weiße Armleuchter?  Richtig erlebt haben wir das nicht, nur andersherum, denn weiße Südafrikaner lassen kaum eine Gelegenheit aus, sich entsprechend abfällig über ihre schwarzen Mitbürger zu äußern.
Und so sind wir denn in Port Elizabeth gelandet. Gerade ist die „Alwine Oldendorff“ an den Kai gegangen, das gibt, wenn man den Gerüchten glauben darf, Schweinerei. Es wird Eisenerz und Mangan verladen, und der Staub verteilt sich wunderbar über alle Yachten. Heißt es. Wir sind gespannt.

… übrigens war ich heute in der Stadt. Zu Fuß, und komme beladen vom SuperSpar zurück.  Schicker Supermarkt, und da gibt es vieles für Weiße, die haben nämlich hier plötzlich wieder die Überzahl im Straßenbild.  Der Weg ist weit, ich kürze ein bisschen ab, gehe über einen Trampelpfad die grasbewachsene Böschung dem Hafentor entgegen. Halten mir zwei Männer an, solche mit der politisch korrekten, dunklen Hautfarbe: „… wir werden Dich beobachten, bis Du im Hafengelände bist, Du kannst hier nicht einfach so rumlaufen. Da hinten in den Abbruchhäusern wohnen Leute, die Dich ausrauben wollen…“
Sagt mal, wo bin ich denn?  In der Stadt. In Port Elizabeth.  In Südafrika. Schwierig.

Happy New Year!

Durban, 1.1.2016

Also, nein – diesen Tag sollte man nicht einfach verstreichen lassen… Wir sitzen in Durban beim nachmittäglichen Milchkaffee, skypen mit Freunden zu Sachfragen, dazu hat der Eigner „Banktag“, ich versuche derweil, den malaysischen Drucker dazu zu überreden, Visitenkarten zu drucken – macht er, nur nicht in den vorgesehenen Feldern, man müsste dem Interessenten also zwei halbe Karten überreichen. Hat allerdings auch was.

Also, nochmal: nein, es gibt heute keinen Blogeintrag, ich wollte so gern eine Tiergalerie zusammenstellen, aber in Richards Bay kamen wir zu nix und dann die kurze Überfahrt und nu‘ …  Kommt.

Aber ich muss mal drauf hinweisen: ich habe die Blogroll erweitert. Jetzt haben wir außer dem Foodblog von Cornelia („Die See kocht“) einen weiteren segelfremden Blog zu verzeichnen: das automobile Reisen hat Einzug gehalten. Heidi Hetzers Berichte sind eine Nummer für sich.  Heidi ist Rallyefahrerin aus fernen Tagen und folgt der Spur von Clärenore Stinnes aus noch ferneren Tagen um die Welt. Nur dass Clärenore einen Tacken jünger war. Ich habe das Buch mal vom Patenonkel geschenkt bekommen, ein 20er-Jahre-Traum, aber auch die aktuelle Version dieser Oldtimerreise (in jeder Hinsicht!) kann sich sehen lassen!  Guckt mal rein. Zum 80sten will Heidi wieder in Berlin sein…

Und wir stricken an weiteren Beiträgen.
Bis dahin allen ein wunderbares, gutes Neues Jahr!

 

Ach ja, als Bonbon gibt es heute mal eine Filmpremiere!  AKKA Movies proudly presents:

Rolling Home

(… ja, ja, soo einfach isses dann doch wieder nicht…  erst ist die Datei zu groß…  jetzt gibt es kein Vorschaubild. )

 

5 big days. Big 5 days…

DSC02579Himeville, 22.12.2015

16 Grad Celsius! Das muss man sich vorstellen! Dies ist Afrika…

Afrika in den Drakensbergen. 1600 m hoch, und wenn die Wolken weg wären, würde man durch’s Balkonfenster noch einmal 1200 m  hinauf nach Lesotho gucken.

Aber auch mit Bewölkung genießen wir den relativen Luxus eines etwas in die Jahre gekommenen Hotels am Sanipass. Wir waren dann doch ein bisschen der Parks müde, denn wir hatten wirklich Big 5 Days, und das war big und great, und es waren nicht nur 5 Tage und natürlich viel mehr Viecher. Schlicht großartig. Die Big 5 sind eine Erfindung der Großwildjäger – es sind die 5 Tiere, die am gefährlichsten zu jagen sind, nicht, wie man annehmen könnte, die 5 größten, denn dann würden sicher die Giraffen dazugehören, und in jedem Fall die Hippos, denn die sind wahrlich gefährlich für den Menschen. Eklige, aggressive Monster. Aber die Big 5 sind eben Löwe, Leopard, Elefant, Nashorn und der Büffel. Warum? Büffel haben einfach ein aggressives Wesen, und werden von Afrikanern für die Gefährlichsten gehalten. Nashörner sind extrem kurzsichtig, nehmen aber Gerüche und Geräusche gut auf und und rennen dann auf alles, was sich bewegt, dazu später mehr. Elefanten fühlen sich vom Menschen zu Fuß entweder in ihrer Funktion als einsamer Bulle bedrängt oder als Herde fürsorglicher Kühe mit Anhang. Alles gute Gründe, sauer zu werden. Naja, und die beiden Großkatzen sind eben Jäger von Beruf, das muss man ihnen nachsehen. Und wieso nun das Hippo nicht? Das Hippo verbringt den Tag im Kühlen, meist im Wasser, und ist nur nachts an Land aktiv, dann, wenn nur die bösen Wilderer jagen, während der ehrenhafte Großwildjäger im Countryclub seine Heldentaten begießt. Dafür gibt es keine Big X-Auszeichnung…

DSC00975Big 5 zu sehen ist nicht immer einfach. Wie schon beschrieben, waren in Hluhluwe 3 davon gleich am ersten Tag auf unserer ( nicht existenten) Liste. Kam der Sonntag mit einem Ausflug zum iMfolozifluss. In den Parks hält der weniger gewiefte Besucher Ausschau nach anderen haltenden Autos, stellt fest, wohin die Insassen schauen – und schon hat man einen Leoparden im Blickfeld. Wobei uns das tatsächlich gleich neben der Hauptzufahrtstraße zwischen den Parkteilen passierte und absoluten Seltenheitswert hat. Hauptgewinn im Großkatzenlotto! Der Tag am iMfolozi hat danach nur noch Rhinos für uns bereit, Elefanten, einen großen Pavianclan, laben sich an Früchten, während die zahlreiche Kinderschar am sandigen Steilufer Purzelbäume schießt. Da kann man stundenlang zuschauen – oder wenn eine Gruppe Antilopen geruhsam grast und die Kitze Renn-und Springspiele veranstalten. Zu gucken gibt es immer was. Nur eines nicht: Number 5 of the Big 5. Den Löwen.

... morning walker

… morning walker. Xolan, das  Gewehr und Kerstin.

Aber es war dennoch ein großartiger Tag, denn er hatte mit einem Morgenspaziergang begonnen. Um 05:30 marschieren wir im Gänsemarsch hinter Xolan her, der sein Gewehr geschultert hat, uns allerdings ansatzweise das Wort zum Sonntag predigt. Motto: macht Euch klar, dass Ihr Teil der Natur seid und es Eure Bestimmung ist, wieder in ihr aufzugehen. Als Kompost. Wir vertrauen ihm und seinem Gewehr trotzdem, und er muss es auch nicht zu unserer Verteidigung nutzen, denn vom Löwen keine Spur, nein, doch: ein frischer, ein gewaltiger Tatzenabdruck. Aber wo ist der Tatzeninhaber? Wo sind die Löwen?

Buddelei

Buddelei

Nicht der Katzen wegen hatten wir den Aufenthalt in der Hilltop Lodge verlängert, sondern weil es uns so gefiel in iMfolozi-Hluhluwe. Wir beschließen, am letzten Morgen mal bis zum Frühstück auszuschlafen, da wir nun schon 3 Tage hintereinander frühmorgens  auf die Pirsch gegangen und gefahren waren – auch der Sonnabend war ein denkwurdiger Tag mit Straßensperren durch eine Elefantenherde  und dann noch einmal warten, bis ein Trupp Büffel die frisch vollgeregneten Schlaglöcher ausgesoffen hat. Denkwürdig vor allem aber, weil wir mit unserem Cityhopper mit den Asphaltschlappen fürstlich steckenbleiben, und während die Schipperin Äste zum Unterlegen sucht, schaufelt der Eigner (typischer Fall von “ do not leave the car“). Wer am letzten Tag  ausschläft, dem passiert das nicht – allerdings verpasst man auch, was uns die LopTos, am Vortag eingetroffen, brühwarm auftischen: “ 6 Löwen! Haben einen Büffel gerissen!“ Das ist gemein, wir hatten die älteren Anrechte, aber was nicht ist… Wir lassen uns erklären wo, und auf geht das Cityauto, zurück in die Wildnis. Und was ist? Nichts. Rhinos, Büffel en gros und en détail. Wir geben’s auf. Wie viele Löwen haben wir aus Ostafrikazeiten auf dem Konto? Viele. Dreistellig vielleicht. Wir nähern uns einem großen Picknickplatz und treffen auf eine große Gruppe von südafrikanischen Touristen, die ihr Braai vorbereiten. Komisch nur, dass alle so mucksmäuschenstill sind, kein Piep, nicht mal von den Kindern. Aller Blicke gehen auf den Fluss. Eine Herde von mehr als 40 Elefanten grast dort, und das Erlebnis ist wirklich magisch, denn die Stille wird nur vom Geräusch rupfender Rüssel gebrochen und dem Zischen, das die riesigen, weichen Füße im Gras erzeugen. Wir lauschen fasziniert, wie die Herde vor uns vorbeizieht. Unvergesslich.

Nur Rascheln, Rupfen und Kauen zu hören

Nur Rascheln, Rupfen und Kauen zu hören

Wir rücken weiter, langsam schließen wir mit unserem Aufenthalt ab. An einem Aussichtspunkt treffen wir auf einen Guide, der uns auf die Löwen anspricht. „Did you see…?“ Nein, leider nicht, trotz exakter Ortsbeschreibung. „… aber die sind noch da – die sind so voll, dass sie zu nichts außer Schlafen fähig sind“. Es folgt die nochmalige Beschreibung und eine Peilrichtung, vom Rhino-Klo (Nashörner eines Clans  scheißen gern an die gleiche Stelle!) aus 20 m die Böschung hoch und dann Richtung Hilltop peilen. Unten in der Senke.
…und tatsächlich: 4 dicke Plauzen liegen unter dem bezeichneten Baum. Nach so einem Büffel ist einem ganz schön schlecht. Big 5. Das waren sie. Dass wir für die Aktion bezahlen müssen, wissen wir erst am Abend. Irgendwo sind wir über einen Dornenast gefahren. Pffft. Plattfuß. Shit happens, nicht nur bei Rhinos.

Nach erfolgreicher Reifenreparatur (afrikanisch, nämlich ein Loch bohren und mit einer Ahle eine Art Docht, der in Kleber getaucht ist, in dieses Loch schieben! Hält bis heute!) fahren wir nordwärts. Unsere ehrgeizigen Pläne, auch den Krüger Nationalpark zu besuchen, sind auf einen Besuch in Swaziland geschrumpft. Siehe oben, Big 5 abgehakt. An der Grenze fangen wir an, uns Gedanken über eine Unterkunft zu machen und stolpern im „Roadtripping South Africa“ über die Beschreibung vom Stone Camp im Mkhaya Reserve. Das klingt toll, vielleicht ein bisschen über unserem Standard, aber gut. Kein Strom, die Hütten weitgehend offen, mitten im Wald. Und es ist toll! Pünktlich um 16 Uhr werden wir –  die Lodge hat an diesem Tag nur 6 Gäste  – an der Hauptstraße abgeholt, die Autos werde sicher geparkt, wir steigen in einen offenen Uralt-Landrover. „I am Africa“, stellt sich der Fahrer vor, „Euer Guide für den gesamten Aufenthalt“. Es dauert einen Moment, bis ich merke, dass das nicht seine Philosophie, sondern sein Name ist. Die Anfahrt zur Lodge ist gleich der erste Gamedrive, und schon treffen wir auf das erste Spitzmaulnashorn dieser Reise. Die Anzahl der Spitzmäuler werden in Hluhluwe kurz gehalten, weil sie besonders anfällig für eine bestimmte Art von Dasselfliegen sind, die für schwärende Wunden sorgen und auch andere Bestände gefährden. Noch halten wir die Begegnung daher  für ein besonderes Ereignis…

Mkhaya. Unser Haus

Mkhaya. Unser Haus

Die Lodge ist klasse: riesige, traditionelle Dächer stehen im Wald, darunter ein Bett mit Moskitonetz, kniehoch mit Vulkangestein ummauert, nur Klo und Dusche haben kopfhohe Wänd, Die Meerkatzen, die am Morgen den early morning tea zu klauen versuchen, freut der freie Zugang. Zum Abend sitzt man im Freien und speist ein 3-Gangmenu samt amuse-gueule.  Ich erinnere mich an Gnuwurst, Antilopenbraten und ein leckeres Wassermelonengazpacho.

Dach, Mauer, Bettstatt

Dach, Mauer, Bettstatt

Posh, wie die Briten sagen. Und zum Schluss unausweichlich: der Tanz der Bediensteten. Zulutanz mit Beineschmeißen.

Um 05:30 klappert der Tee heran, um 6 ist Morning Drive mit Africa und einer nicht enden wollenden Reihung von Nashörnern. Beeindruckend das 6monatige Spitzmaulbaby mit Mutter. Breitmaulnashörner, mal von ganz nah betrachtet.

Die Zutrauliche

Die Zutrauliche

Africa bereitet uns nicht darauf vor, dass ein Weibchen tatsächlich zumKuscheln ans Fahrzeug tritt – sie hatte mit einem Jahr die Mutter verloren und wurde im Reservat aufgezogen. Ich mag gar nicht hingucken, wie sie ihr Horn am Hinterrad reibt… Ihr Kalb allerdings wird diese Vertrautheit nicht übernehmen. Big 5! Nicht ungefährlich… Wirklich? Jenseits eines flachen Tümpels grast ein Spitzmaul mit  Kalb. Schaut und grast. Wir steigen aus, es ist ja der Tümpel dazwischen. Huuh! Sie schaut und grast, ich schaue gerade auf die Kamera: „Get into the car, fast!“ Hehe, da hättet Ihr die Schipperin flitzen und über den Fahrersitz in Sicherheit klettern sehen. Ich wusste gar nicht wie und was geschah, aber auch wenn Africa es als „…wollte nur sehen wie schnell Ihr seid!“ darstellt, Andreas hat die bedrohliche Beschleunigung aufseiten der Nashornkuh gesehen. Ist was dran, am aggressiven Nashorn. Und eine junge Frau aus Hamburg (Swaziland scheint ein Teutonenmekka zu sein!) sagt: nee, das war mir zu viel Wildnis. Wir sagen: schön!

...toller Guide. Johannes

…toller Guide. Johannes

Nächste Station: Hlane, ebenfalls Swaziland. König Mswati, wie schon sein Vater Sobhuza, kümmert sich sich um ein paar Reservatsgebiete. Nicht ganz  uneigennützig – immerhin handelt es sich um einen absoluten Monarchen – er darf auf Antilopenjagd gehen, dann und wann. Johannes ist unser nächster Guide. „Mögt Ihr Schlangen? Ja, nein? Guckt Euch mal um…“ Ein Python auf einem Ast! Was versierte Leute alles so aus dem Augenwinkel entdecken.

Ein Elefantenbulle von sehr, sehr nah. Und dann sind die Big 5 endgültig komplett, denn diese Löwen, die in der Morgensonne den trockenen Fahrweg als Lagerstatt benutzen, sind auf Streichelzoo-Distanz.

Geschwister

Geschwister

Vorläufiges Ende der Parktouren, im nà chsten Abschnitt wird’s mehr historisch. Mehr dazu demnächst.

Jetzt geht’s rauf auf den Sanipass, die Sonne scheint wieder und wir wünschen vorsichtshalber schon mal:

Fröhliche Weihnachten!

 

Hitverdächtig

Im Schlammbad

Im Schlammbad

Hluhluwe Game Reserve, 11.12.2015

Mühsamer Aufbruch aus Richards Bay – AKKA zurückzulassen ist immer auch „ha’m wir an alles gedacht, was müssen wir noch tun“, sowohl was die AKKA betrifft (Luken zu, Schalter aus, Antenne abgeklemmt, Wasserschlauch, all das…) wie auch was das Reisegepäck betrifft – richtig, es fehlt der USB-Ladestecker für Kameras und Co.

DSC02322Aus RB reist man kommod über unafrikanisch glatten Asphalt nach Norden, entlang der Eisenbahnlinie, die Kohle und Eisenerz nach Richards Bay schafft und durch weitflächige Eukalyptusplantagen. Papierrohstoff für die moderne Welt, vielleicht auch für Holzkohlenfeuer in der näheren Umgebung. In jedem Fall eine ökologische Wüste vor Ort. Wir hatten die kurze Fahrt zum Nikolaus schon einmal gemacht, denn zur Feier des Tages gab es einen Ausflug nach St. Lucia (Mozambique ist nicht weit, und die Portugiesen lassen sprachlich  grüßen!). Flusspferd-Haufen angucken, und Reiher und Flamingos. Krokodile, Bullshark, Fischadler, das ganze Feuchtlandprogramm, vom Ausflugsboot aus. Gestern ging es in die gleiche Richtung. Erstes Ziel: Mtubatuba, noch schnell Trinkwasserkanister besorgen, KwaZulu Natal leidet seit zwei Jahren unter einer schrecklichen Dürreperiode und in unserem Camp, das sich Hilltop nennt, kann man allein der Berglage wegen nicht allzu viel Wasser erwarten. Das Einkaufen in Mtubatuba gestaltet sich schon etwas afrikanischer als in Richards Bay, wo sich Schwarz und Weiß mehr oder weniger fröhlich mischen – mal gucken, ob mir zu dem Thema demnächst einmal etwas Moderates einfällt. Also: Mtubatuba. Das normale Angebot an Supermärkten, sogar eine kleine Mall (in der von Richards Bay habe ich, nebenbei bemerkt,  mich am ersten Tag gleich mal verlaufen…). Rein ins Shoprite (Pick’n Pay ist gleich gegenüber). Alles da für, denken wir, den afrikanischen Mittelstand, dies ist Minenindustrieland, vielleicht etwas besser gestellt; Weiße sind hier die Ausnahme.  Wir kaufen frische Samosas für’s Picknick und was man sonst so in der „Wildnis“ benötigt. Klopapier übrigens braucht man bei Benutzung südafrikanischer Toiletten nicht mitzubringen – da können sich südostasiatische Simpel-Malls eine Scheibe von abschneiden. Also kein(e weiteren) Klopapier(vorräte). DSC02344Aus dem Städtchen raus. Es wird noch afrikanischer, kleine Rundhütten mischen sich mit etwas moderneren Schlichtbauten, die Besiedlung ist dicht, aber weit verstreut. Tolle Tankstelle, von einem Jugendarbeitsprojekt betrieben. Leider, wie überall und erst recht in RB, viel Glasscherben auf Mauern und Natodraht-Bewehrtes (bis hin zum Straßenschild), natürlich ist auch die Tanke umzäunt. Wie kann man so leben, auf Dauer?
Nach wenigen Kilometern das Gate in den Park. Hluhluwe nennt er sich, ist 120 Jahre alt (das Geheimnis hinter dem Alter ist, dass ein einflussreicher Zulu-Chef dieses Gebiet als persönliches Jagdrevier auserkoren hatte, ts,ts…), und es ist recht klein. Die Berge am Horizont wirken aber verlockend, die junge Frau am Eingang versorgt uns mit freundlichen Tipps und den ersten Zulu-Brocken. Hluhluwe ist nicht nur ein Ort und ein Fluss und der Park, sondern auch die Bezeichnung für eine dornenbewehrte Windenpflanze und wird mit einem „Chlick“ gesprochen: Chluchluwe. Die Zunge dazu bitte seitlich an die Zähne schieben und zischen (öh, ja… Versucht mal den Namen vom Lieblingsmarinamitarbeiter auszusprechen: kein Zisch- sondern ein Klicklaut aus der gleichen Mundregion, gefolgt von einem „L“. XHLANI. Unausprechbar. Nur die Zulus klicken munter vor sich hin). Siabonga! Danke!

In die Weite geschaut

In die Weite geschaut

Und dann der Park. Gähn. Kennen die AKKAnauten ja alles. Adler, Zebra, Reedbucks. Die gnädige Frau konzentriert sich schon mal auf das NaviproGramm wegen einer geeigneten Picknickstelle, die Samosas duften. Das Auto (Chrysler Spark, also nicht größer als ein Zündfunke, soll das wohl heißen, ein mit Campingkram gefüllter Funke) rollt aus, rollt rückwärts. Fragender Blick zum Fahrer, der spickt mit dem Kopf nach rechts… EIN NASHORN. Coool! Pause, gucken und staunen! Damit ist jedwedes eventuelle Gähnen vergangen, der Tag hat sich schon gelohnt. Wir finden eine Picknickbank unter Bäumen, über dem ausgetrockneten Hluhluwe River, verspeisen die Samosas und lassen uns von dem Aroma und der Geräuschkulisse in alte afrikanische Zeiten zurücktragen. Oder nein – wir sind ganz real da: Afrika!

Unsere Rundhütte in der Lodge erfüllt alle Erwartungen. Man kann fast drauf wetten: wenn jemand auf Tripadvisor meckert, gefällt es uns. Gute Betten, Kühlschrank, Deckenventilator unter’m Reetdach. Bisschen Colonial Bastard Style, aber nur ein bisschen. Wir buchen den early morning Gamedrive, genießen Antilopenbraten vom Buffet mit erfreulich un-südafrikanischem Gemüseanteil (will sagen: reichlich!) und dann ab in die Hütte.

DSC0071404:30. Der Wecker. 05:00 – der offene Touristenkarren, vierradgetrieben, für 9 Gäste. Wir sind skeptisch, aber die Südafrikanerin, die zunà chst einmal nicht aufhören kann, das Fahrzeug zu beschallen, erweist sich als sehr nützlich, da scharfäugig, und Guide Wazi als besonders ruhig und nett und kenntnisreich. Wusstet Ihr, dass Warzenschweine ein schlechtes Gedächtnis haben? Wenn sie angegriffen werden, rennen sie. So weit, so gut. Nein, eben nicht „so weit“. Nach 200 m wissen sie nicht mehr, warum sie rennen. Stop! Ganz schlecht bei einem einigermaßen ausdauernden Jäger. Oder das Kurzzeitgedächtnis reicht nicht aus, sich an das Krokodil zu erinnern, das man soeben am Wasserloch getroffen hat; auch nicht so günstig. Ist bekannt, dass Spitzmaul-Nashörner auch auf die Distanz leicht von der Breitmaulvariante zu unterscheiden sind? Kopf unten=Breitmaul, da die breite Mähmaschine grast. Kopf oben=gespitzte Lippen rupfen zarte Blättchen vom Gebüsch. Übrigens, sprachlich interessant: das Spitzmaul ist auf Englisch das „Black Rhino“, gegenüber dem breitmäuligen, dem White Rhino. Jaaa. Da wusste jemand nicht, wie man „wide“ schreibt. Wide mouth, breites Maul, nicht „weiß“.
DSC00742Aber was erzähle ich da. Der Hit war die Elefantenherde, die aus dem Gebüsch trat und den Weg kreuzte. Mit allem was geht: Leitkuh, jüngere Kühe, Teenager, Kindergarten, ein Babyelefant – eine tolle Show. Und was zum Schluss? Nun, der Elefanten-Besenwagen in Person, kann man so sagen, einer älteren, typischerweise etwas griffigeren Elefantendame vom Range einer Großtante oder -mutter, die schaut, dass niemand zurückbleibt – und es sich auch nicht nehmen lässt, einen unmissverständlichen Hinweis an die 10 glotzenden Zweibeiner geben: eine kurzer Rüsselschwenk reicht. Verpisst Euch! Der Rückwà rtsgang war schnell eingelegt.
DSC00784DSC02382War das der Hit am frühen Morgen? Oder doch Herr Rhino, der hinter Frau Rhino samt Kind herschreitet, wie ein Stalker? Im Achtungsabstand – die Hörner machen eine ausreichend wehrhaften Eindruck! – aber ausdauernd. Wann diese zarten Anbandelungsversuche zum Erfolg führen, weiß vielleicht der Geier auf dem Baum, jdeenfalls muss erst das Nashornkind in die Selbständigkeit entlassen werden. Oder vielleicht doch die Pillendreher, die sich zu zig Exemplaren um den frischen Elefantendung balgen und, der weithin wahrnehmbaren Duftspur auf direktem Weg folgend, in ihrer Begeisterung Bruchlandungen hinlegen. Auf dem Rücken und mitten in die Menge. Der einsame Büffel, der sich die Unterseite in einem Schlammloch kühlt. Soll auch gut gegen spröde Haut sein – die reißt dann nicht, wenn man sich intensiv an Bà umen reibt, um Parasiten loszuwerden. Gruppen jugendlicher Nashörner lagern unter Büschen. Wer hätte gedacht, dass wir so viele davon zu sehen kriegen. Nyalas, Zebras, Gnus… Kennen wir alles. Und sind immer neu begeistert. Wir haben gleich noch eine 5. Nacht angehà ngt… Zu viele Hits tin Hluhluwe/iMfolozi.

See-Galerie

Richards Bay, 1.12.2015

Hier kommen ein paar Bilder von unterwegs!

 

  •  … * zu „selbstzufrieden und ahnungslos“: frühmorgens, bisschen müde. Segel gesetzt, Windpiloten eingestellt und dazu das Steuerrad festgestellt. Alles unter Kontrolle! Leider allerdings  nicht den Autopiloten ausgestellt und damit fast unseren zweitwichtigsten Steuermann geschlachtet.  Gerade nochmal gut gegangen!