Surinam zum Jahresende

Paramaribo, 28.12.2008

€¦ es zog sich ein bisschen, die Anreise nach Paramaribo/Suriname, auch wenn die Tide uns fleißig in den Surinam-Fluss hineindrückte – in der Nacht hatte der Wind abwechselnd Schnarch- und Hustenanfälle; Squalls zogen durch, ließen uns reffen und arbeiten, danach war wieder Sendepause, also ausreffen und nochmals arbeiten. In der Ansteuerung wieder dieses unangenehme „Flachwassergefühl“, obwohl es so schlimm wie in Kourou nicht ist. Und wenn einem gegen Hochwasserzeit dann richtige Seeschiffe entgegenkommen, Tiefgang 3 x so viel wie die AKKA, schämt man sich auch ein kleines bisschen dafür. Was die können… Aber diese Barren in den Flussmündungen – ich mag sie einfach nicht. Ich bin sehr gespannt, wie unser erster Pass in ein Atoll hinein ausfallen wird; nicht der Pass natürlich, sondern unsere Passage dort hindurch. Ui, ui,ui… Aber das hat ja noch ein bisschen Zeit.

Jetzt liegen wir vor dem schicken Torarica-Hotel in Paramaribo – Anni schreibt gerade, dass sie hier vor 10 Jahren noch mit Landleine und als wilkommene „Hotelgäste“ gelegen haben, so ist es nicht mehr! Man schleicht . angeblich, denn wir waren noch nicht an Land! – eher durch das Hotelgelände und versucht unentdeckt zu bleiben, denn das Hotel möchte einem gern 50 US$ pro Nacht abknöpfen, dann wäre man zwar mit allen Gastrechten ausgestattet (Sauna, Wäscherei, Pool…) aber das ist der kleinen Seglergemeinde hier durchweg zu viel. Uns auch. Erst waren wir nur mit zwei Holländern zusammen, der KAAT und der FEEKS, einer kleinen Schwester der AKKA, nämlich einer HR 312. Und seit heute Nachmittag haben sich noch die PETITE FLEUR und die PAMELA hinzugesellt, die wir beide zuletzt in Jacaré gesehen hatten und die gerade von einer längeren Fahrt den Commewijne-Fluss hinauf zurück sind. Es ballert schon ein bisschen silvesterlich – große Dinge werfen ihre Feuerwerkskörper voraus, sagt man: der Höhepunkt der „festive season“ in Surname naht. Es gibt wohl auch genug Chinesen, die solches Zeug unter’s Volk bringen. Die Chinesen Surinams sind übrigens das Geheimnis hinter den vielen Chinesen in Französisch Guyana, nicht die Raumfahrt-Kooperation, wie ich vermutet hatte; das sagte man uns in Kourou, und mit diesen „Einwanderern“ dort, die alle via Surinam kommen, geht nicht immer alles mit rechten Dingen zu. Einschleusen nennt man das wohl; aber damit, wie auch mit dem Handel sind sie wirklich auffallend erfolgreich.

Vor den erwähnten Rückzug nach Domburg hat der liebe Gott allerdings noch die Einklarierung gesetzt, und die hat, so Len von der PRESENT „Champions League-Charakter“, auch das eine Neuerung gegenüber früher. Drei Tage straßauf, straßab sind wohl das Minimum. Hoffentlich verwirren wir uns nicht in den vielen Anweisungen – die örtlichen Behörden können einem nicht aus dem Schlamassel helfen, die wissen es nämlich auch nicht und schicken einen dann gern schon mal da hin, wo die „normalen Touristen“ abgefertigt werden. Aber das sind wir „leider“ nicht, und so nehmen wir uns den Len’schen Handzettel und arbeiten die Punkte gewissenhaft ab.

Morgen früh gehen wir also gestiefelt und gespornt an Land und machen uns ans Werk.VIELLEICHT schlagen wir ja den Rekord und schaffen es in 2,5 Tagen…

Eines noch: Eine besondere Freude waren die vielen, netten Mailgrüße, die wir auf unsere Weihnachtsrundmail hin bekommen haben. Wir haben hier ja oft warmen Regen, aber diese Art von warmem Regen tut besonders gut! Wir freuen uns hier wirklich des Lebens, das wir uns in dieser Form immer erträumt haben, aber es ist schön, festzustellen, dass so viele Leute Interesse an eben diesem Leben haben, dass sie uns nicht vergessen haben und Anteil nehmen. Vielen Dank! Und dann noch – eine Mail kam per Funk. Mit einem Bildchen, das tatsächlich ein bisschen Weihnachtsstimmung in die Bude zauberte – zwei wunderschöne Produkte meiner Schwester, nämlich Briefmappe und Kästchen, bezogen mit Seekarten von der Ostsee, auf einem Koblenzer Tisch, mit Kerzenengel und erzgebirgischem Holzbäumchen im Hintergrund. Es war unser einziger Anklang an die alten Weihnachtsrituale – aber es war trotz der „katastrophalen“ 49 kB (Ladezeit: 28 Minuten!) sehr nett anzuschauen.

Oh, je …

… du fröhliche!
Der Weinachtswünsche-Beitrag ist uns durchgegangen! Ganz schnell, ehe der 2. Feiertag verstrichen ist, sendet die AKKA samt den AKKAnauten viele herzliche Grüße. Wir hoffen, dass alle eine fröhliche Weihnacht hatten?!
Bei uns war das so: Heiligabend war ein feines Essen in der Auberge des Iles auf der Ile Royale geplant, da sitzt man nett mit Blick auf die Teufelsinsel, sinniert über Herrn Dreyfus und andere und bekommt dazu gekühlte Getränke und ein französisches Essen.
Bei uns gab es allerdings „deutsches Essen“, nämlich Kartoffelröstis und Rotkohl und ein Stückchen Entrecote – der Landausflug fiel nämlich ins Wasser bzw. einem durchziehenden Squall zum Opfer. Aber es war dennoch nett, zumal aus Berlin angerufen wurde, gerade als ich den Rotkohl anbrennen lassen wollte. Dieser Squall hätte uns zu denken geben sollen – für unsere geplante Abreise nach Surinam am Weihnachtstag. Die fand auch statt, aber schon den ganzen Morgen regnete es aus allen Knopflöchern, ein
Kreuzfahrer, ausser uns der einzige Gast in der Bucht, versuchte verzweifelt, Passagiere zum Landgang zu bewegen, und mir verhießen die GribFiles auch keine Besserung. Na dann – Weihnachten in Grau und nass von allen Seiten. Abreise im Trockenen und unter den Augen der kritischen PACIFIC PRINCESS-Gäste, aber der Rest… Puuh. Ein Hoch auf Eric Widuch und seine Mini-Kuchenbude! Wir sind tortzdem trocken geblieben.
Dass der Wind zum Schluss, nach Durchgang aller Squalls auch noch einschlief muss ich wahrscheinlich nicht betonen, man sieht es ja auch am Positionsreport.

Im Moment machen wir sensationelle 1,4 Knoten, und zwar allein getrieben vom Guyana-Strom, aber wir lassen uns nicht unterkriegen. Zumal wir gestern von der Pacific Princess, die uns nach ein paar Stunden überholte, per Funk ein dickes Paket gute Wünsche „von Brücke zu Brücke“ geschickt kriegten. Die geben wir hiermit einfach weiter! See you somewehere in the Caribbean!

Komm mal schnell rauf…

Kourou, 20.12.2008

„…komm mal schnell rauf“ sagt Andreas, und wenn er das sagt, so kuehl, dann ist meist irgendwie Gefahr im Verzug. Ein wildes Insekt, Gegenverkehr oder der Mast faellt uns auf den Kopf. Heute war’s ein bisschen anders, aber wir wollen ja nicht mit der Tuer ins Haus fallen. Darum chronologisch:

Am Mittwoch um 13:00 Ortszeit waren wir da. Franzoesisch Guyana, nach 10 Tagen und genau 1,5 Stunden sanfter Dauersegelei.

Am letzten Tag gab es fuer 6 Stunden Motorsegeln, waehrenddessen haben wir Wasser gemacht und haetten vielleicht auch schon frueher wieder segeln koennen; das waren aber die einzigen Motorstunden seit dem Start. Je naeher wir der Kueste kamen, umso weniger wurde der Strom, der uns ja ueber Tage sensationelle Geschwindigkeiten beschert hatte – in Spitzen ueber 9 Knoten. Als wir dann so
um die 4 kn „rumduempelten“ (da haetten wir bei der Aequatorueberquerung von getraeumt!) zweifelten wir einen kleinen Augenblick lang, ob die Entscheidung, so lange nach Nordwest zu steuern bis wir auf reinem Westkurs Kourou anliegen koennten, richtig war, aber es war… Frueher weiter westlich zu halten haette uns eben auch frueher aus dem Schiebestrom heraus- und laengere „Schleichfahrt“ eingebracht.

Der Anker faellt vor der Hauptinsel der Iles du Salut, genannt „Ile Royale“, am Ufer knistern die Palmblaetter im Wind, Affen schreien ein bisschen rum, Papageien und Zikaden vervollstaendigen die Geraeuschkulisse. Ein paar Gebaeude aus der Zeit der Strafkolonie sitzen zwischen den Baeumen, sonst nichts. Ein Touristenkatamaran verschwindet um 3, dann sind wir allein. Baden! Und eine Positionsmeldung abgeben: „…schoen hier“.
Der Eindruck bleibt, obwohl einem bei naeherem Hinschauen am naechsten Tag doch das Wort „schoen“ ein bisschen in der Kehle stecken bleibt. Allzu viele Gebaeude lassen einen ahnen, wie grausig – ein brasilianischer Graffitti-Kommentar im Trakt der Einzelhaftzellen sagt: „unmenschlich“ – es hier bis in die 50er Jahre zugegangen ist hinein. Dazu vielleicht spaeter mal mehr.

Der Inselrundgang durch tropische Vegetationsfuelle – riesige Mangobaeume und Brotbaeume ueberragen den zentralen Platz, den Friedhof (fuer Personal, nicht Gefangene!), das ganze Inselinnere. Es bleibt nicht aus, dass wir die eine oder andere Kokosnuss aufsammeln. Und das sind vielleicht harte Nuesse! Vor allem aussen, diese dicke, elastische Naturverpackung. Wir muessen uns dringend was ueberlegen, wie Kokosnuesse ohne a. schwerwiegende Verletzungen und b. effektiv zu oeffnen sind; so ganz richtig haben wir den Bogen noch nicht raus. Das brasilianische Muster – Machete geschwungen und „wutsch“ – entspricht nicht der Bedingung unter a. und ist auch nicht ganz so effektiv, wie ich wuensche, denn das Kokoswasser laeuft irgendwohin. Die Huelle halb abgemeisselt und dann die Nuss mit dem Hammer aufgeschlagen bringt uns zwar an das Fruchtfleisch, das nun aber von Bastbroeseln uebersaet ist. Wir lernen. Mal wieder.

Am Freitagnachmittag kommt Besuch, die Gendarmerie. Sehr nette junge Maenner, die eine Art Protokoll ueber AKKA und ihre Besatzung aufnehmen – das hat weder was mit Einreise zu tun, noch mit dem Zoll. Nein, reine Vorsichtsmassnahme, es koennte ja ein Spionageschiff sein: schliesslich startet am Samstag um 18:51 die Ariane und ploetzlich wimmelt die Bucht von Polizei- und Militaerschiffen. Und deswegen haben wir am Starttag spaetestens um 16:00 Uhr die Inseln – die der franzoesischen Raumfahrtbehoerde gehoeren
– zu verlassen. Wir tun das, allerdings navigatorisch klueger morgens um 8, dann ist naemlich bald Hochwasser und fuer die Einfahrt nach Kourou braucht man eben dieses. Ein kurzer Trip von knapp 2 Stunden, aber ausreichend graesslich, denn dieses Fahrwasser ist auch bei Flut extrem flach – waehrend Andreas fest darauf vertraut, dass „zwischen den Tonnen einfach genug Wasser sein muss“, bleibt mir ein paar Mal das Herz stehen, wenn ich auf’s Echolot gucke. 1,5 m – das bedeutet, dass wir mal knapp 40 cm
unter dem Kiel haben, und die Duenung ist auch nicht schlecht. Nix fuer mein Nervenkostuem, ich rufe sogar den Bagger GEMMA an, an dem wir vorbeischippern, um zu ergruenden, ob wir uns vielleicht mit den Hochwasserzeiten getaeuscht haben. „Pas de problà¨me, madame…“ sagt der Kapitaen. Genug Wasser – der hat vielleicht die Ruhe weg…

Kourou praesentiert sich als verschlafenes Nest, wie ein karibisches Inselstaedtchen. Die Bevoelkerung ueberwiegend schwarz durchmischt mit weißen Franzosen undallezusammen versorgt von reichlich Chinesen, die Restaurants und kleine Supermaerkte betreiben und wohl Ueberbleibsel der grossen franzoesisch-chinesischen Raumfahrtkooperaton sind; deren Dienste nehmen wir gern in Anspruch, denn leicht ueberteuerten Kaese, Joghurt, Quark und Wurst koennen wir uns nicht entgehen lassen. Dass Hochtechnologie im Umland im Spiel ist, kann man nur ahnen. Wir entscheiden uns – faule Stuecke, die wir sind – zum Start der Ariane nicht noch einmal an Land zu gehen. Die Ariane hatten wir vom Wasser aus sehen koennen, so falsch kann die AKKA nicht liegen fuer das Schauspiel. Alles klar zum Fotografieren?

Ach, holen wir doch mal die Spiegelreflexkamera raus, ich kriege die kleine … Auf alles sind wir vorbereitet, nur nicht auf den hellen Lichtschein, der 10 Minuten vor Zeit den Horizont erhellt; Franzosen scheinen nur bis 10 Minuten vor „Zero“ runterzuzaehlen. „Komm mal schnell rauf! Sie fliegt schon!“ Was dann kommt, laesst einem den Atem stocken.

Erst ein gigantisches Lichterspiel durch die Wolken am Horizont, dann die Rakete schraeg ueber uns, ganz klar zu sehen, nach einer Weile gesellt sich ein Donnergrollen dazu, bis der Feuerschein immer schwaecher und kleiner wird und ueber dem Atlantik im Nachthimmel verschwindet. Mag sein, dass das fuer die Leute hier Alltagsgeschaeft ist – ich bin ganz aus dem Haeuschen. Endlich ein Raketenstart fuer
den Space-Freak – schlaflose Naechte konnte ich schon immer gut mit „Space Night“ fuellen. Es dauert ein Weilchen, bis ich wieder „runterkomme“.

Toll. Nochmal!

Abenteuerurlaub

Ob das für einen kleinen Vogel auch unter „Abenteuer“ läuft, wenn man sich nachts ein fremdes Schiff sucht, um auf der tanzenden Reling, auf dem Solarpanel oder – besonders beliebt! – auf der LifeSling-Tasche ein Nickerchen zu machen? Beim erstem Mal vielleicht, aber mittlerweile kommt unser Gast schon mit schöner Regelmäßigkeit. 4 Nächte hintereinander, so rekonstruieren wir, ist der Vogel schon bei uns, und es MUSS derselbe sein. Seit ungefähr 300 Meilen mindestens werden wir also beobachtet und dann nachts heimgesucht. Als sich der dicke Federball das erste Mal im Mondlicht auf’s Solarpanel setzte, dachte ich: „Dohle“, und gleich auch „… die arme…“. Aber als im Morgengrauen die Silhouette von einer richtigen Gestalt abgelöst wurde, war bald klar: nix Dohle. Zu lang und spitz der Schnabel, zu schmal die Schwingen und – kleine Schwimmfüße umklammerten den Panelrand! Der gehört hierher, um den braucht man weniger Angst zu haben als um frühere Gäste. Braunes Gefieder, oben schwärzlich, unten etwas pudrig-aschig. Eine strichdünne, weiße Zeichnung, fast unsichtbar, zieht von den Augen nach hinten, und unter den Augen auch ein bisschen weiß. Für die Nacht danach wissen wir nicht, ob er irgendwo gesessen hat, aber heute war wieder „Päuschen auf AKKA“ angesagt, ehe es im Morgengrauen – nach dem Putzen und ein bisschen rücksichtsvoll leisem „kwäck-kwäck-kwäck“ (der Eigner schläft ja noch!) – wieder losging. Ob das „… bis später!“ heißen sollte? Wir tippen auf eine jugendliche Ruß- oder Zügelseeschwalbe, aber eigentlich auch egal. Bis auf den einen oder anderen Klecks an Deck ein angenehmer Gast. Und für ihn sicher auch nur noch wenig abenteuerlich, wir wissen uns ja zu benehmen. Gast auf dem Achterdeck? Dann werden eben weniger Segelmanöver gefahren!
Dafür war in den letzten Tagen bei uns „Abenteuerurlaub“ angesagt. Was macht den eigentlich aus? Ungewöhnlich muss es sein, ein bisschen gefährlich soll es aussehen, weit weg von der Zivilisation. Und „Action“ ist so unabdingbar wie Spannung. Hatten wir alles. Die Spannung ging eigentlich schon in Jacaré los: wie geht es eigentlich unserer edelstählernen Ankerkette?! Also haben wir die aus dem Ankerkasten ans Tageslicht geholt, auf’s Vorschiff gelegt und gesäubert; „action“, Teil 1, schließlich ist das Schiff in Bewegung und nicht schlecht, denn wir haben dieser Tage unsere besten Etmale herausgeholt, mit 7 bis 8 Knoten geht es teilweise dahin, gerefft. Ein bisschen Haaresträuben darf im Abenteuerurlaub ja auch sein, und das kam unweigerlich, als ich die ersten Kettenglieder mit „Zahnverfall“ entdeckte. Ab da war es vorbei mit dem Urlaub, es wurde geAKKAt. Das Ende vom Lied war dann die richtig große Action: Unterlegbrett in den Bugkorb, Schraubstock drauf, Säge zur Hand und – weg mit den ersten 19 Metern. Es ist schwer zu glauben, was die 7 Monate am Anker mit der Kette angerichtet haben. Wir waren ja gewarnt, von KIRA und GITANA, und hatten darum unser Silberstück liebevoll gepflegt, gewässert, geputzt, gelüftet, umgedreht, nicht „mal“ sondern regelmäßig. Leider gibt es keine Bilder von Bord aus, sie werden nachgereicht – welches wäre das schönste?

Das von Andreas, der gerade eine Zirkelnadel durch die Schweißstelle steckt? Wohlgemerkt: hindurchsteckt! Oder die tiefe Kariesstelle?

Füllung oder Überkronen hoffnungslos – dieser Zahn muss raus.
Und so haben wir nun a. 19 m Kette weniger, abzüglich weiterer 15 m am oberen Kettenende, das ein paar, vergleichsweise (noch) harmloser Schadstellen aufweist; b. die Frage zu lösen, wie schnell in Trinidad Ersatz zu beschaffen ist und c. ein Päckchen mit „Musterteilen“ nach Deutschland zu schicken. Beim Abenteuer geht man ja auch immer gern noch einen Schritt weiter als man eigentlich wollte – wir also auch. Andreas hat noch fix den „WASI Powerball“ geprüft, das ist das Verbindungsglied zwischen Anker und Kette, „german engineering“ pur und Germanischer Lloyd-geprüft – dazu am Rande: Mike, Australier, sieht unseren Powerball in Brasilien und sagt sarkastisch: „… well, I lost mine in the Chagos Islands!“; auch da hatten wir ein Auge drauf, äußerlich. Und nun der Blick in die Tiefe: Vom Schraubgewinde auf dem Verbindungsbolzen keine Spur mehr, nur die Sicherungschraube hielt das Ding zusammen. Schwein gehabt und rechtzeitig geguckt – und das war einfach zu beheben.

Natürlich sind ein paar Mails zum Sachverhalt nach Deutschland geflogen – Kurzwelle sei dank. Jetzt sind wir wieder ankerbereit, Zweitanker startklar, Sicherungsleinen dto. und segeln bei leichtem Wind und wieder entspannt den Iles du Salut entgegen. Noch 360 Meilen.

Wie ermüdend doch ein Abenteururlaub sein kann. Aber erleuchtend…

Routine

Geschirr klappert im Schapp? Nicht doch. Gläser und Tassen stecken in Tennissocken, in Brasilien im Großpack erworben, eigens zu diesem Zweck. Teller und Schüsseln wohnen schon lange in abgeschnittenen Blusenärmeln, die inzwischen klimatisch bedingt reichlich vorhanden sind. Es rollen keine Konserven mehr umher, oder nur noch . Es fliegen uns auch nicht mehr dauernd irgendwelche Sachen um die Ohren wie anfänglich… Wir sind einfach routinierte Langfahrer geworden. Wirklich?!
Ich durfte heute abend ein zweites Mal duschen. Der Guavensaft und der Seegang … Und wenn man es richtig überlegt, haben wir ganz routinierte Manöver auf Lager – wie „Genua ausbaumen“. Toll! Ich habe den Tanz auf dem Vorschiff schon immer geliebt, und jetzt – wie kann es sein, dass man nach 7 Monaten „an Land“ da vorn steht (naja, stehen ist was anderes! Hopst!) und sich fragt wo welche Leine hinführt. Um nach getaner Tat festzustellen, dass der Achterholer trotz angestrengtesten Nachdenkens doch
außen um die Schot läuft. Arrrg. Noch einmal – das übt! Sagt der Eigner.
Aber das wird schon wieder. Wer hier an Bord wirklich Routine hat, ist WiPi, der Windpilot. Je nach Stimmungslage auch „Pedder“ genannt, nach seinem Schöpfer. Der ackert unverdrossen, und da kommt dann doch auch unsere Routine ein bisschen ins Spiel: ganz langsam wissen wir, wie die AKKA zu trimmen ist, und das macht dem WiPi das Leben so viel einfacher. Und gerade in diesem Moment gespenstisch zu sehen, wie noch so kleine Trimmbewegungen am Hauptruder große Wirkung haben können: am Horizont tauchen
die Positionslichter eines Überholers auf, ein Haufen Container auf dem Weg nach Nola; in 20 Minuten ist er hier und 2 Meilen Abstand soll er haben. Als ich ihn auf dem AIS endeckte, waren es 18 Fuß – eine halbe AKKA-Länge (man könnte auch sagen: Treffer!) entfernt, da stehen einem bei aller Routine die Haare zu Berge. Aber der WiPi, der hält Kurs. Routine. Wir arbeiten dran.

… in den Roaring 40ies?

Hat es die AKKA irgendwie vertrieben?

Nein, die Bordfrau hat leider nicht gemerkt, dass sie bei der Positionseingabe zwei Tasten gleichzeitig getroffen hat. Ich sah es gerade, als ich die Morgenposition abschicken wollte. Nur zur Bestätigung: Wir sind immer noch auf dem Weg nach Guyana, heute früh ist es eher flau, mal sehen was kommt.

Restposten und neue Lieferung

8.12.2008, 4°23 S, 35°35 W, auf dem Weg nach Guyana

Ein paar Restposten an Jacare-Nachrichten liegen noch umher, dafür sind die Neuigkeiten von Bord eher dünn gesät. Am Sonntag um 11.00 Ortszeit sind wir nun endlich ankerauf gegangen – ein bisschen traurig war das schon, wir fanden es nämlich schön im Paraiba; die Dorfbewohner ungeheuer freundlich, wir haben ruhig und sicher gelegen, und die Musike hat auch eher selten mal gestört. Aber konditioniert waren wir schon auf den Zeitpunkt des Sonnenunterganges und die zwangsläufige Saxophonmusik, und so
fiel uns dann heute beim kalten Kaffee um 17 Uhr nichts Besseres ein, als den Bolero zu intonieren. Mal gucken, wann das besser wird… Ich glaube, ein bisschen „G’schichten aus Jacare“ müssen wir noch mal nachtragen. Fahrradfahren bei Dunkelheit, zum Beispiel.

Die letzten Tage waren halb gefüllt mit Tätigkeiten rund um Boot und Abreise, nochmal Wäsche waschen, schon mal die Mooringleinen einholen, Rumpf vom Bewuchs befreien, Elektrik und Elektronik checken. Ha! Das Echolot funktioniert nicht mehr – am Vorabend zu Andreas‘ Geburtstag entscheiden wir uns zunächst einmal dafür „drüber zu schlafen“. Und am Ehrentag selbst macht er sich ein kleines Geschenk, indem er das ehrenwerte, alte Teil wieder zum Leben erweckt. … das wäre was gewesen im brasilianischen
Outback. Rausgefunden hätten wir ja noch aus dem Fluss, aber später dann an den Ankerplätzen wird es mit dem Handlot dann doch mühsamer, als wir uns das so wünschen, und so eine Barre vor der Einfahrt nach Kourou… Ohne Echolot – ohne mich.
Aber ausser dem Ernst des Lebens waren dann auch noch so schöne Sachen wie das echt brasilianische Churrasco, zu dem uns Nachbars Bootsmann Attilio „Maguila“ einlädt, mitsamt Nadia, der brasilianischen Skipperin ein „Haus“ weiter. Es war KEIN Caipirinha-Wetttrinken, aber immerhin doch ein -Wettmixen – Nadia zeigt uns, wie man eine Maracuja-Caipirinha macht; sehr lecker!! Und da kann sich Maguila nicht lumpen lassen und muss noch eine richtige, eine mit Limonen nachschieben. Es wird zwangsläufig ein
lustiger Abend, an dem einem ununterbrochen Fleisch auf den Teller gesäbelt wird. Schräge Seitenblicke gibt’s nur, als ich mir die rettende 2-l-Flasche Wasser vom Schiff hole. Trinkfestigkeit WOLLEN wir gar nicht üben.

Das Ankerauf-Manöver unterstützt Daniel – „Weltumsegler“ aus Argentinien, seit 11 Jahren unterwegs und schon bis Cabedelo gekommen! – und das war nötig, denn es ging SEHR langsam: Tauchend hatten wir es nicht vermocht, die Kette vom Muschelbewuchs zu reinigen, und so schlage ich, während ich die Kette fördere, den Bewuchs ab. Und der liegt dann schön an Deck bzw. verschwindet mit der Kette im Ankerkasten, Daniel hat uns derweilen mit dein Hilfsleine in Position gehalten. Aber geschafft ist geschafft.
Und wir können flussabwärts verschwinden.
Womit wir bei den Neuigkeiten wären. Heute abend haben wir die Kette wieder herausgeholt – es stank einfach erbärmlich nach altem Fischkutter auf unserem Vorschiff. Gaaa! Morgen wird geschrubbt, wenn das Wetter es erlaubt. 12 Tage haben wir noch Zeit, ehe wir den Anker vor der Ile Royale versenken können – PRESENT macht uns per Funkmail schon Apppetit. Noch 1200 Meilen.

AKKA auf Shiptrak

Jacaré, 2.12. (jaja, immer noch!)

Wer Lust hat unsere Position auf einer netten Google-Weltkarte zu sehen, der kann das jetzt tun. Auf der Homepage haben wir eben das Link zu Shiptrak gesetzt. Warum ausgerechnet auf der Äquatorstrecke die Positionen fehlen, ist uns nicht bekannt – vielleicht können wir die noch wieder reinbasteln, aber eindrucksvoll ist die Karte allemal. Da sieht man mal, wie nahe wir doch noch am kühlen Deutschland sind!

Nachtrag: Das Rätsel mit den fehelenden Positionen ist schon – halbwegs – gelöst. Es liegt laut Shiptrak daran, dass ich nach Ankunft in Brasilien nur noch eine Position gesendet hatte und niemand unsere Postion auf Winlink gesucht hat, sondern, falls überhaupt, über das Intermar-Link. Wenn Winlink „merkt“, dass ein Boot verwaist ist, werden die Positionen nach 28 Tagen gelöscht. Nun haben wir ein hübsches Loch in unserem Track, aber das macht ja wohl nichts.

Weitermachen – die Leser mit Adventsvorbereitungen, wir mit „Fertigwerden“!