Neujahr und so…

Ein Boot voller guter Wünsche!

West Palm Beach, Florida, 2.1.2021

Da ist uns doch der Feiertagsgruß durchgegangen!? Auf anderen sozialen Medien sind wir der Pflicht nachgekkommen, aber hier holen wir das schnell nach:

Alles Liebe in die Runde für ein fröhliches (!), gesundes Neues Jahr!

Der mutmachenden Wünsche gibt es reichlich, und ich finde, das schlägt auch durch: fast scheint es, als habe 2020 die Leute ein bisschen zusammenrücken lassen, trotz „social distancing“. Ganz viele freundliche Grüße gingen über Mail/WhatsApp/Facebook ein, das war ein richtig angenehmer warmer Regen, vielen Dank!

Wir bereiten uns gerade drauf vor, die USA zu verlassen, morgen Nacht sollte so weit sein – sofern wir denn positiverweise noch negativ getestet werden und die Bahamians uns ein Health-Visum (englisch: visa…, auch in der Einzahl, ein sprachlicher Aufreger) ausstellen. Das erwarten wir jetzt gespannt. Kann losgehen!
Lasst das neue Jahr zuversichtlich und entspannt beginnen!

The extra mile

West Palm Beach. Vorne ziemlich „hui“!

West Palm Beach/Florida, 18.12.2020

Walking the extra mile – das nennt man hier so, wenn Leute einen Umweg für einen machen. Oder auch „going out of their way“, seinen Weg verlassen, für andere. Nett können sie hier sein, wirklich. Politisch ist es nach wie vor kitzelig, zwar bastelt Joe Biden an seinem Kabinett und setzt Leute ein, die auch ein bisschen die enttäuschten Progressiven einfangen sollen, die für das kleinere Übel gestimmt haben (Buttigieg, Haaland, Regan in den letzten Tagen), währenddessen heizt Donnie weiter die Stimmung an (schickt aber auch trostreiche Sprüche nach Europa „the vaccine is on its way!“.  Immer für eine Clownnummer gut, der Herr). Mein Lieblingsspruch dieser Tage ist – ich übersetze mal „Obwohl die Wissenschaft festgestellt hat, dass Corona überwiegend durch Mund und Nase übertragen wird, steht nun fest, dass Arxxlöcher den wichtigsten Übertragungsweg bilden“. Das ist ein Meme mit Lucy aus den Peanuts, sehr schön!  Da Lucy ja auch das Psychologenbüdchen bei den Peanuts betreibt (zur Erinnerung: „The psychologist is: IN“), gibt es auch ein Bild von Donnie an diesem kleinen Beratungsstand: „Pardons 1 Dollar – The President is: IN!“  Möglicherweise ist er das dieser Tage tatsächlich, ganz in der Nähe, und hält den Verkehr auf: wenn Trump in Mar-a-Lago ist, öffnet die Flagler-Memorialbrücke nur ganz selten. Der Kerl hält den ganzen Schiffsverkehr auf, der Gegensatz zur extra mile. Ein Nachbar hat ihm dieser Tage geschrieben, er möge doch bitte woanders hinziehen als nach Mar-A-Lago…

Wir haben es auch gerade mit Meilen zu tun. Zunächst mal hatten wir wunderbare Segelmeilen von Cape Canaveral nach West Palm Beach, 19 Stunden sanftes Segeln. Gern würden wir jetzt die Meilen nach den Bahamas hinter uns bringen, auch dazu muss man die „extra mile“ einrechnen: man muss nämlich des Golfstroms  wegen ordentlich nach Süden vorhalten. Aber dazu gibt es im Moment gar keine Gelegenheit –  das Wetter nagelt uns fest. Diese Woche hatten wir ein klitzekleines Fenster, in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, das wir ab Montag scharf beobachtet haben. Wir arrangieren den Covid-Test für Dienstagmittag auf dem Parkplatz des Palm Beach Sailing Clubs (auch das eine extra mile, mit dem Dinghy…), aber das Fenster wird immer kleiner, so dass wir uns dagegen entscheiden; den Testtermin können wir gerade noch absagen. Nun sitzen wir hier, und bis nach Weihnachten sieht alles ziemlich „windig“ aus, und zwar windig aus der falschen Richtung.  Wir werden es verkraften und die Situation im Auge behalten – das Visum ist noch 5 Wochen gültig, nach Weihnachten  sollte was gehen.
Aber es werden keine Däumchen gedreht – während ich mit mehr oder weniger dauerhaft schließenden Einmachgläsern kämpfe (die eingekochten Bratwürstchen im Bonne Maman-Glas haben wir gestern Abend zur Hälfte vertilgt, wegen „Unschlüssigkeit“), macht sich der Eigner an Technisches. Langweilig ist es nicht, und es erfordert einige Radelmeilen in der Stadt.

Intrepid. Nur das Begleitschiff für die Luxusyacht Infinity *

Unsere Ankerposition ist ein bisschen abgelegen, zumindest was das Feld der anderen Ankerlieger betrifft, ich finde es aber angenehm hier. Ich kann schwimmen, das ist wichtig, ab und zu kommt eine dieser wahnwitzigen Luxusyachten vorbeigeschippert und lässt unsere Münder offen stehen. Vor uns die Reihe derLuxusanwesen, hinter uns werden Container geladen, gute Mischung. Allerdings muss man einiges auf sich nehmen, wenn man zum Einkaufen möchte: entweder man bindet sich für ein kleines Parkentgelt bei der Riviera Beach Marina an (tadadadaa! Klingeling! 16 Dollar für 3 Stunden!) und hat es dann nicht gar so weit zum Publix Supermarkt an der Blue Heron Bridge, oder man rödelt die extra mile nach Süden zum Palm Beach Sailing Club, muss dafür dann 3 Meilen zurück nach Norden, und das inklusive der steilen Hafenbrücke.  Bei anderen Anlegemöglichkeiten machen wir die Erfahrung, dass man nicht immer die „extra mile“ geht, um es uns nett zu machen, da kriegt frau dann ein striktes „…we don’t do dinghy docking“ zu hören (dabei war’s beim Schwesterclub von Riviera Beach. Dummbätze. Oder auch nicht, ich glaube, Amerikaner leben oft in der Furcht vor Schäden und haben gern Rechtssicherheit). Das Resultat – nämlich unverrichteter Wäscherei- und Einkaufsdinge abzuziehen – fordert meine Ungeduld ungebührlich heraus, so dass die Stimmung eine kleine Delle kriegt. Szenen einer Bootsehe. Da kümmern wir uns doch lieber um die Gefrierbox. Will sagen: the extra mile, per Fahrrad. Die Räder schließen wir nun beim Sailing Club an (Wochengebühr 100, aber dafür dürfte man auch duschen, parken …) und dann ab dafür. Australian Avenue, Beard Marine – Bestellung einer neuen Kühlschranksteuerung. Dabei fällt uns ein, dass das Wasser in letzter Zeit einen leichten Salzgeschmack hat –  ob wir eine neue Membrane bestellen können? Die alte datiert aus dem Jahr 12.  Wir können. Zurück zum Boot, Wasservorrat herstellen und die Membrane ausbauen. Der Eigner schnallt sich die 1.20 lange, schwarze Röhre kunstvoll auf den Rücken, ich radele hinterher und wünsche: hoffentlich kommt nicht der Sheriff und fragt nach einer Waffengenehmigung. Gut auf diesem Weg die stadtplanerische extra mile: der President Obama Highway hat einen ausreichend breiten Fahrradstreifen. Wir radeln zu Beard durch eine Gegend, die als „besser nicht bei Nacht durchstreifen“ beschrieben wird – es ist wirklich unglaublich, was für Welten hier in West Palm Beach aufeinander stoßen, aber wir sind ja auch nur ländliches Virginia wirklich gewohnt, und da tritt der systemische Rassismus nicht so zutage. In jedem Fall: Dem-Wähler-Domäne.

Nach dem Motto: „irgendwas ist immer“ gibt meine Fahrradschaltung nach dem steilen Anstieg über die Hafenbrücke auf, also gibt es anderentags eine „extra mile“ zum „Breward Motorsports Spezialized“ Fahrradladen (man befleißigt sich auch des Motorrad- und, wichtig in Florida, des Jetskivertriebes). Weil wir auf dem Weg – macht unterm Strich eine Meile weniger! – die Wäsche endlich einliefern wollen, kommt es zu einem netten Erlebnis: während der Eigner das defekte Fahrrad bewacht, lasse ich, weil sie auf den Schultern zu schwer wird, die Tasche an einer Straßenkreuzung dieser wenig belebten Gegend rasch auf dem Rasen sitzen, um in eine nahegelegene Münzwäscherei zu flitzen, und zu checken, ob es auch einen Abholservice gibt. Oh, Sancta Naivitas. Zwei Minuten später ist die Tasche mit all unseren guten, dreckigen Sachen verschwunden… „Hey! Hey – stop that!“. Das gilt dem jungen Mann mit dem Mountainbike, der gerade 20 m weiter unsere schöne Ikeabettwäsche, Buxen und Geschirrtücher auf der Wiese verteilt, zwecks Vorsortierung. Mein CAT-Hoodie aus Patagonien liegt schon separat, das wäre ein herber Verlust gewesen, aber der Typ springt auf sein Fahrrad und flitzt vondannen. Glück gehabt. Der weitere Weg ist lang, aber die Fahrradreparatur geht fix vonstatten, Max aus Argentinien hat den Trick raus – er meint, es sei nur die schlappe Kette, irgendwie muss das Hinterrad ein bisschen in die Ausfallenden gerutscht sein, während wir eher an Drehgriffschaltung, Kabel und Ritzel gedacht hatten. Wir halten einen Schwatz, können mit Südamerikareiseerfahrung punkten, Max macht sich die Hände für uns schmutzig – und natürlich ist der Service kostenfrei. Nächster Stop ist der Best Buy (Media Markt für Amerikaner) und seine Service-„Geek Squad“, die sich des Eigners Rechner anschauen sollen; der will nämlich nicht mehr starten, elektrisch (siehe oben, irgendwas ist immer). Der Entschluss ist nach der Aussage „difficult, 400$ for a diagnosis“ ist sofort gefasst, nach nur 22 Monaten gibt es ein neues Gerät. Das ist aber nicht in dieser Filiale erhältlich, sondern „nur 8 Meilen, 15 Minuten weg! In Wellington!“. Klar, mit dem Auto – aber mit dem Fahrad?  „…what? BICYCLE?“ Ja, Pustekuchen, die Uhr zeigt 15:30, in 2 Stunden sollten wir bei Akka sein.  8 Meilen Fahrrad in die falsche Richtung? No way. Und noch sind wir ja auf dem Trip „nächste Woche geht’s weiter“, also passiert online auch nichts. Auftritt Scott Feldman, seines Zeichens HP-Vertreter: „… ach, ich hole Euch das Gerät her. Soll ich zwar nicht, mache ich aber für Sie!“  Wenn das mal nicht die extra mile ist, im wahrsten Sinne des Wortes durch den Feierabendverkehr. In der Wartezeit kommt ein kleiner Meilenrückschritt, der wohlverdiente Kaffee bei Dunkin‘ Donuts ist mal wieder ein Geduldsspiel mit desinteressiertem Kassierer und einer Barista in der Hauptrolle, die zwischen Bezahl- und Brühvorgang erst einmal länglich aufs Klo muss… (soviel zu Service- und Freundlichkeitsparadies Amerika).  Jedoch: um 17 Uhr ist Scott zurück und strahlt, alles geregelt, wir treten in die nun wieder vollumfänglich funktionierenden Pedale, 4 Meilen heimwärts zum Sailing Club.  Sonnenuntergang um 17:30 … Passt! Als wir das Dinghy auf Relingshöhe kurbeln, wird es dunkel. Viele Meilen! Und einige extra miles!

 

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* wir schreiben einen Wettbewerb für offene Münder und Kieferklemmen aus: 

Supportschiff Intrepid , 27 Crew. Mutterschiff Infinity  8 Crew, 14 Gäste. Ob die Beschäftigten auf Infinity wohl per Beiboot oder per Helikopter hin und her sausen?  Was ein schnöder Werkzeughandel so hergibt…

 

Verfressenes Schweigen

Atlantischer Sonnenuntergang

Port Canaveral, 6.12.2020

Warum passt eigentlich keinerlei Nikolausgabe in eine FlipFlop-Sandale? Ich gebe zu, die Eigner-Flops sind ausgelatscht, mehr flop als flip, aber auch meine Birkenstocks standen an Deck, und nichts drin – muss man die beleuchten?  Ganz gleich, der Nikolaus war nicht da, jedoch kam das Geburtstagsmännchen zum Geburtstagsmann und bescherte einen schlichten (noch zu füllenden) „Angel Food Cake“. Mit Kerze. Immerhin.  Happy Birthday, lieber Eigner! Nachher lassen wir einen fliegen, hier in Canaveral – Elon Musks SpaceX schickt eine Nachschubkapsel zu ISS. Wir finden es wirklich nett, dass er den Start auf den Eigner-Geburtstag verschoben hat: als wir gestern in die Ferne lauschten, die avisierten 11:39 verstrichen und immer noch nichts passierte, kein Grollen, kein Lichtschein (im Nebel) ahnten wir schon – das wird eine Geburtstagsrakete. Oder dann zu Weihnachten.

Beaufort-Charleston war eher langweilig, zwei Tage, zwei Nächte Motorgebrummel. Nun ist das hier mit dem Golfstrom so eine Sache, schiebt der Nordwind einen nach Süden, türmt sich die See vor einem auf, das hat man, insbesondere frau nicht so gern, kommt der Wind aus Süden, hat man Strom und Wind auf die Nase, eigentlich ein Fall für „warten auf das ideale Wetterfenster mit moderatem Westwind… Wir wollen aber nicht weiter warten und nehmen Lärm und Vibrationen (dazu später mehr) in Kauf.

Charlestons Altstadt

Bis Thanksgiving halten wir es in Charleston aus, ein beeindruckend kolonial erscheinendes Städtchen –  natürlich eine moderne Großstadt, aber wer vor dem Stadtzentrum liegt, hat den alten Kern in fußläufiger Reichweite (und einen wunderbaren Harris Teeter Supermarkt). Die alten Handwerkerhäuser sind heute eher mit „Attorney at Law LLC“, also mit Rechtsverdrehern, Finanz- oder Immobilienmaklern und anderen werkzeuglosen Firmen besiedelt. Schicke Läden, von Victoria’s Secret bis zur polnischen Töpferei, ein paar Galerien und Restaurants (hübsch leer alles). Viele Kirchen natürlich, ein Querschnitt durch die Besiedlungsgeschichte, inklusive einer deutsch-lutherischen. Eine recht unamerikanisch europäische Anmutung, schön zum Spazierengehen. Historisch-ökonomischer Hintergrund: Sklavenhandel, vor allem der Briten.

Neues Charleston: die Brücke über den Cooper River

Wir liegen in einer städtischen Marina – nur eine Handvoll Plätze werden verwaltet, und zwar coronagerecht: es gibt keinen Zugang zu irgendwelchen Klos oder Waschräumen, kassiert wird aber persönlich am Steg per Kreditkartentransmitter, und das Empfangskommittee ist nett und sehr bemüht. Weil das mit den Duschen nicht funktioniert, gibt es den Strom für das haus-/bootseigene Warmwasser umsonst; wir können ein paar Tage lang auch den Heizlüfter gut gebrauchen. Ist halt Winter hier an der Ostküste, und obschon es in South Carolina gelegentlich angenehm frühlingshaft ist, gibt es auch das Unangenehme am Frühling, das Feucht-Kalte.

Ein Containerfrachter „dackelt“ zum Terminal in Amerikas 4.-größtem Hafen

Der Strom im Fluss ist kräftig, nebenan schieben dicke Containerschiffe und Autotransporter ein bisschen schief durch die Fahrrinne. Vorne ein Schlepper, hinten einer, so geht das. Wir werden bei Ankunft wegen des starken Querstromes gewarnt und kassieren dann ein lobendes „… look at that! They know what they do!“.  Mein Eigner, der Anlegekünstler.
Am Thanksgiving Day  – den wir natürlich fast verpasst hätten, für uns ist halt der 4. Donnerstag im November ein Donnerstag – ist es draußen fast totenstill. Niemand auf den Straßen, niemand mit dem Boot unterwegs. Ich dachte immer, dass Thanksgiving ein Dinnerereignis sei, aber uns stellt sich diese Stille schon tagsüber als verfressenes Schweigen dar. Ob es da sowohl mittags wie abends Truthahn gibt?  Am Nachmittag werden Hunde und Kleinkinder kurz spazierengeführt, danach herrscht wieder Stille. Wenn man in die News und Social Media schaut, ist seit Tagen Gravy-, Truthahnfüllungs-, Cranberrysaucen- und Pumpkin Pie-Alarm.  Die Leute müssen von der Völlerei so fertig sein, dass sie sich am Folgetag, dem berüchtigten Black Friday, alles andrehen lassen – der Dockmaster ist Gamer und will uns so rasch wie möglich loswerden am Freitag. Black Fridayyy! Shopping! Alle Spiele zum halben Preis! Sagt er mit träumerischem Blick.

Weiter geht’s. Charleston-Fernandina Beach in Florida ist der Plan, gerade hinter der Grenze zu Georgia. Der Segeltag ist gemischt, teils stark bewölkt. Morgens früh stehen wir vor der Einfahrt nach Fernandina, es regnet und ist kühl und feucht – nicht das Wetter, um es sich am Ankerplatz recht gemütlich zu machen: „… was hältst Du davon, wenn wir gleich nach Cape Canaveral durchschieben?“  Uggh. Ich habe gerade meine Hundewache beendet, da fehlt es mir an der Flexibilität für spontane Planänderungen, aber wie der Käpt’n so ist, überredet er mich doch. Noch ein Tag, noch eine Nacht, immer schön die Küstenlinie entlang südwärts. Der Strom ist mit uns – sehr interessant zu sehen (zum Beispiel bei Passageweather), wie sich das von Tag zu Tag ändert: man hat häufig nach Süden setzenden Gegenstrom zum Golfstrom, und das bleibt auch so bis zum Kap – das ist der östlichste Buckel in der Floridaküste. Je näher wir ihm kommen, umso mehr Verkehr, in den frühen Morgenstunden mehren sich nämlich die Angelboote auf dem Weg ins Sonntagsvergnügen. Mein Highlight: ein Gegner mit AIS, den man überhaupt nicht ausmachen kann in der nun dunklen Nacht. Mit 30 Knoten (30 Seemeilen/h, also 54 km/h) genau in unsere Richtung – wie ich es liebe. Als der Vektor auf dem Plotter anzeigt, dass wir nicht kollidieren werden, fegt er, ein sicher gut motorisiertes Freizeitboot, an unserer Steuerbordseite vorbei. Ein Vollpfosten ohne jedwede Beleuchtung. Mit 30 Knoten – so ein Horst. Nachtwachen können wirklich anstrengend sein; auf der Strecke nach Charleston hat mich eine einsame, unbeleuchtete Tonne auf meiner direkten Kurslinie 1 1/2 Stunden in Trab gehalten. Fluch und Segen der elektronischen Navigation –  früher hätte man drauf zugehalten bis es „kläng“ macht. Nachdem die Angler durch sind, wird der Horizont grau, Dämmerung, Sonnenaufgang, Frühstück. Am Horizont stehen die alten Gebäude für die Spaceshuttles und Apolloraketen, daneben die Startrampen für SpaceX und Co.   Cape Canaveral und das Kennedy Space Center gleiten vorbei..
Wir biegen in den Bargekanal ein (das ist der Kanal, über den Raketenteile ins Space Center geschifft wurden). Der Tankstopp an der Cape Marina entbietet ein tolles Willkommen: Blue Lives Matter Flagge*, Make America Great Again, Konföderierten-Tuch – hier sind wir ja richtig; wobei ich Blue Lives Matter am schlimmsten finde. Schnell bezahlen und nix wie weg. Kontakt mit dem Port Canaveral Yacht Club: den neuen Dockmaster kennen wir nicht, ich frage nach Matt, dem drahtigen Navyveteranen mit dem Hang zu Donald „…  nein, die sind weg, aber Ihr erkennt unser Boot an den Flaggen, in spot 5.“ Ihr ahnt es. Wenn es nur die riesigen Stars and Stripes wären, die man da über der Marina wehen sieht, aber viel augenfälliger ist „Trump 2020 – No More Bullshit!“ . Wir sind nicht die einzigen, die wenig begeistert sind von so viel Trumptreue (und, wie sich herausstellt, Coronaleugnung). Vor allem die Durchreisenden aus dem Nordosten  – hier gern „snowbirds“ genannt, frei übersetzt mit Schneehühner, die dem nördlichen Winter entfliehen, auf Booten, mit Flugzeugen und allem was sich sonst bewegt – bieten sich für einvernehmliche Gespräche an, während man gegenüber den betreffenden Fahnenschwenkern eher in peinliches Schweigen verfällt.  Der Tenor übrigens liegt derzeit eher bei „hoffentlich war’s das jetzt!“. Hochstimmung geht anders. Donnie tönt auf widerliche Weise in Georgia herum, glücklicherweise wirbt er bei seinen Anhängern für die Stichwahlen und macht gleichzeitig das System so schlecht, so dass sich hoffentlich recht viele Republikaner entscheiden, diese Senatorenwahl auszulassen (Obama himself trommelt auf der anderen Seite, auch eine Premiere –  ex-Präsidenten haben sich bislang immer vornehm zurückgehalten). Wäre nicht übel, wenn der Senat eine Demokratenmehrheit bekäme – jede Stimme, jeder Zentimeter in die richtige Richtung hilft. Witz am Rande: gestern Abend nennt Trump die hoffentlich neue Regierung „marxist“.  Mei, ist das ein mühsames Geschäft, und so abstoßend, dieses Prozedere. Wobei es natürlich auch viel zu lachen gibt, insbesondere um den neuerdings auch öffentlich furzenden Rudy Giuliani. Eine Wahnsinnstruppe.

Da machen wir doch lieber Handwerkliches. Erst will der Sterling Laderegler nicht, wie der Technikus will (da könntest Du mal einhelfen, Roland!). Die Schipperin jammert: die Kühlbox kühlt nicht mehr. Das regelt der Eigner mit Einbau eines lange mitgeschleppten Ersatzreglers, nach ausgiebiger Korrespondenz mit Isotherm, die bei so alten Geräten natürlich nicht wirklich helfen und schon gar keine Ferndiagnose liefern können. Lustig: eine Kontrollleuchte erlischt gar nicht mehr, auch nicht, wenn man das Gerät abschaltet, stattdessen erfreut sie uns mit dem hellsten Diodenrot, das die Akka je gesehen hat. Aber immerhin, die Box kühlt. Naja, nicht wortwörtlich – jetzt gefriert sie. Besser als nüscht.

Die ausgiebigen Motorstunden haben leider auch zutagegefördert, dass wir nach kunstvollem Aus- und Wiedereinbau der Propellerwelle in Deltaville „neue“ Vibrationen haben. Unsere ehemalige Lieblingsdrehzahl lässt Akka sich schütteln. Nicht doll, nur anders. Und unangenehm. Das macht mal wieder Sorgenfalten, Kopfschmerzen, schlechten Schlaf beim Chief, und kleinere Horroszenarien tauchen auf: was, wenn wir noch einmal aus dem Wasser müssen? Nochmal die Welle ziehen? Wo? Wann? Irgendwie würden wir ja doch gern weiter in die Bahamas –  und wenn man bedenkt, wie sorglos hier im Süden mit Coronamaßnahmen umgegangen wird, stellt sich die Frage, wann hier die „Thanksgiving-Welle“ eintrifft. Ob die Bahamians uns dann überhaupt noch haben wollen?  Also zermartert sich der Eigner den Kopf, was wie wohin geschoben werden muss bei der Motorausrichtung – schließlich geht es nur um Millimeter. Zwei Flansche – ein Spalt öffnet sich oben. Lässt sich regulieren. Prima. Jetzt öffnet sich ein Spalt nach schräg unten. Es wird gegrübelt, gezeichnet, theoretisiert und Zahlenreihen werden vor sich hin gemurmelt. Und das einzige, was ich tun kann, ist Bratkartoffeln mit Spiegelei und Salat zu servieren. Ob’s hilft? Der Versuch, den Motor um 3 millipü zur Seite zu rücken, misslingt, dennoch ist das Endergebnis tagelanger Denk- und Schraubarbeit deutlich besser als der vorherige Zustand. Gut. Putzig, dass ein Schiff, das an Land steht, sich so anders formt als wenn es schwimmt. Nigel Calder, unser Bibel-Autor und Ratgeber in allen Technikfragen sagt: „…engine alignment can be time consuming and very frustrating!“ Wohl wahr…
Und nun?  Verfallen wir in verfressenes Geburtstagskuchenschweigen.

Weihnachtspäckchen unterwegs zur ISS

Die SpaceX ist soeben Richtung ISS abgehoben – gewaltig. Ich denke, die Astronauten werden auch verfressen schweigen können, da ist außer frischem Equipment auch die ein oder andere Weihnachtsschokolade an Bord.

Von Vibrationen (weitgehend) befreit geht Akka demnächst weiter. Letzte US-Station: West Palm Beach, Donalds Home-Turf – von uns allerdings nicht seinetwegen, sondern als Ausgangspunkt für die kürzestmögliche Strecke in die Bahamas gewählt. Der Segler muss innerhalb 5 Tagen einen Corona-Test absolvieren, ein Health-Visum in den Bahamas beantragen, das negative Testergebnis eilig dorthin mailen, die Erlaubnis für die Einreise abwarten und dann hinüberhupfen und mit all dem Papierkram vorstellig werden. Die zeitlichen Prognosen für dieses Hin- und Her sind bislang aber günstig, trotzdem macht sich eine Tagestour als Reisedistanz gut. Oder ein „Overnightie“. Wir werden sehen.

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* Blue Lives Matter ist eine Bewegung, die sich gegen Gewalt gegenüber der Polizei einsetzt. Die Flagge ist eine schwarz-weiße „Stars & Stripes“ mit einer blauen Linie, der „thin blue line“. Statistisch steht Gewalt gegen (blau gekleidete) Polizisten in keinem Verhältnis zur Gewalt gegen schwarze und farbige Amerikaner und den systemischen Rassismus in den USA.

Unterwegs

Beaufort/North Carolina, 19.11.2020

Da gibt es doch freche Leser, die einem Erinnerungen schicken: „…Euer letzter Eintrag ist vom 9.11.“ Das ist wirklich strafwürdig. Obwohl ich ja schon über dem Durchschnitt der letzten Monate liege…

Also, kurz gefasst: wir brechen gleich nach Charleston auf, die Entscheidung für den Kurs durch die Bahamas ist gefallen. Wir hatten eine nette Woche auf dem ICW, mit Übernachtung in Coinjock, leider auf der falschen Seite des Kanals, so dass es keinen Nachschlag an grünem und rotem Pfeffergelee gegeben hat. Muss ich mir für kommende Vinaigrette was Neues ausdenken (back to the roots, back to honey). Danach eine wunderschöne Ankernacht ein paar Meilen hinter der Alligator River Bridge, dieses Mal ohne Chironomidenattacke (wir haben kürzlich noch in Deltavilla einige Zuckmückenleichen gefunden!). So richtig im Off. Weißkopfseeadler und andere netten Flieger gibt es da zu sehen – allerdings auch weniger nette, die von der Airforce Base nahe Norfolk starten. Übungsnachmittag für Kampfjets. Dieser Tage denkt der Mensch gleich daran, dass sie nun Donald ausfliegen, oder so – war aber nicht. Danach Frischest-Shrimp essen am etwas derelikten Dock von R.E. Mayo, das kennen wir ja schon. Der gemeine Amerikaner, der dort anhält, holt sich dort eine Tüte Frisches, bleibt aber nicht über Nacht, eben etwas zu derelikt, so ganz ohne Strom und so (dafür ist die erhobene Gebühr vernachlässigenswert). Wir finden’s nett. Die Regenschleppe von Sturm Eta wettern wir am freien Citydock von Oriental ab, ein Tipp der Segelyacht Hi Flite, die uns auf dem Weg über den Neuse River anpreit. Man ahnt nicht Böses, plötzlich ruft jemand in der Leere „Akka, Akka“. Huch, wer da? Hi Flite waren 2017 unsere Nachbarn in Trinidad, eine Yacht mit Kompostklo, seitdem finde ich diese Idee immer neu bestechend, konnte den Eigner aber noch nicht dafür erwärmen. Und weil es so gnadenlos nass in Oriental ist und gleich auch ein freundliches Städtchen, mieten wir uns nach Absitzen der 2 freien Tage noch für 2 weitere im Yachtclub ein. Heiße Duschen, und Handtücher werden gestellt. Das nennt man „pampern“, und obendrauf gibt es eine weitere Attraktion: Hoover und Eisenhower. Hoover belegt gern freie Bürostühle, während Eisenhower sich vorzugsweise auf der Tastatur des Marinacomputers fläzt: zwei sehr bräsige Kater. Ringsum freundliche Leute, denen wir was vom globalen Pferd erzählen dürfen, auch Cecil ist wieder da, der sich in der vergangenen Woche so zuversichtlich hinsichtlich des Bidensieges gegeben hatte. Neue Devise: „…ich werde erst skeptisch wenn sie zum Abschied das Kapitol anstecken. Wird schon!“ Sein Wort in Gottes Ohr.  Kurz: Oriental war den Wochendstopp wert, zumal auch die Winde für eine Weiterreise schlecht waren. Aber die steht nun an: auf nach South Carolina, Charleston wartet schon. Irgendwie spukt mir da Rhett Butler samt Scarlett O’Hara im Kopf herum, aber möglicherweise  ist das Georgia – vom Winde verweht, meine Erinnerung an den Schmonzes. Wir werden uns auf dem Weg nicht verwehen lassen. Die Winde sind eher schwach, wir geben trotzdem unser Bestes.

Flaches Wasser

Seeschwalbentreff auf dem ICW

Unterwegs zum Alligator River, 9.11.2020

Was für ne Woche… erst ins Wasser geplumpst, dann Präsidentschaftswahl mit fraglichem Ausgang. Wir können, wie eigentlich 50% der Amerikaner, noch immer nicht fassen, wieviel Trumpsupport es gegeben hat und mit welchen irrationalen Argumenten da hantiert wird. Aber nun ist es vorbei, zunächst mal. Wir haben mit den Fischern an der Southern Railroad Bridge in Norfolk unsere Wartezeit mit ein bisschen Gestikulieren und Hüftschwenken überbrückt – das Gegenprogramm dazu hatten wir gerade überholt: ein Bötchen, bei dem passenderweise die Konföderiertenflagge schlapp herunterhing. Es sind nicht allzu viele Flaggen, die uns begegnen, aber sie reichen von „Dump Trump“ bis „Make Liberals Squeak“.

Mittlerweile sind wir schon in North Carolina, das Wetter is gut, Wind kann man hier im engen Fahrwasser ohnehin nicht nutzen, insofern passt die relative Windstille. Wir stellen gerade fest, dass die späte Abfahrt von unserem Übernachtungspunkt in Coinjock einen Vorteil hat: man wird nicht so oft überholt – als wir vorhin um kurz nach 6 aus dem Luk schauen, sind die fleißigen Mitreisenden schon zum Großteil abgelegt.

Plan für heute: durch die Alligator Bridge und ein paar Meilen danach ankern, und dann schauen, wo wir uns vor dem mistigen Donnerstag verstecken, aber da lassen wir die Windvorhersagen noch ein bisschen näher kommen. Eta muckelt in Florida und Georgia herum, das tangiert uns nur am Rande.

Der Eigner rudert durch’s flache Wasser, da muss ich mal Tipps zurInterpretation der verschiedenen Elektronikoptionen geben; wir nutzen unseren Gerätereichtum bis zum letzten… der Plotter sorgt für die Übersicht, Tablet eins präsentiert Navionics, Tablet 2 Aquamaps… und vier Augen starren auf die Tonnen.

Can we have Merkel for a bit?

Deltaville, 2.11.2020

Wir stehen immer noch an Land, na sowas. Heute waren wir wirklich ganz nahe dran am „Splash“. Freitag war das Wetter zum gewünschten Zeitpunkt ganz mies, der Regen flog mir auf dem Radelweg zum Klo waagerecht in die Augen, außerdem hing noch eine andere reparaturbedürftige Yacht in den Gurten des Travellifts. Und Lee, Yardchef und Aushilfsfahrer, hatte auch keine wirkliche Möge. Vertagt. Auf heute. Als es eben 14:30 schlägt, machen wir uns auf die Suche  und finden den Travellift arbeitslos und verwaist. „…zu viel Wind … zu viele Boote am Ponton“, was einem alles so einfällt; noch dazu fast die gesamte Crew der Schwester-Marina Stingray Point heute  coronakrank – man unterscheide hier zwischen Covid19 und Corona; auch die Coronalast aus zu vielen Bierflaschen führt zu Unwohlsein (besonders am Montagmorgen).  Nun denn – es ist wirklich arscheskalt heute, der Wind weht gemein, uns ist es recht, wir sind fertig für’s Zuwassergehen, und morgen sind wir dran. Punkt. Und das wird spannend, Akka war schließlich 15 geschlagene Monate an Land.

Eine kleine Sorgenfalte weniger haben wir schon jetzt: kurz sah es so aus, als ob wir entgegen dem Plan, durch den Intracoastal Waterway nach Beaufort in North Carolina zu tuckern, draußen im Atlantik am schauerlichen Cape Hatteras vorbei segeln müssten: eine Barge rumpelt letzte Woche gegen die Eisenbahnbrücke im Hafen von Norfolk, und die Coast Guard spricht daraufhin von „bis zu 30 Tagen Verzug“, bis die Brücke wieder öffnen kann (ja, man kann unter der geschlossenen Brücke durchfahren. Wenn man unter sechs Fuß Höhe misst. Wir messen achtundfünfzig, das wird knapp.) Die Segelstrecke ist machbar nur einfach nicht unsere erste Wahl. Wir fragen rum nach persönlichen Erfahrungen, und die lauten von „kein Problem, wenn man aufpasst“ über „entweder 30 Meilen westwärts von Hatteras (das ist der Intracoastal Waterway!) oder 200 Meilen östlich vom Golfstrom“ bis „never in my life, not at this time of the year“. So sind sie, die sozialen Medien. Aber im Ernst, nicht nur, dass man es hier vor der Tür mit dem Golfstrom zu tun hat, es ergibt sich sofort verstärktes Wetterraten, und das sieht derzeit gar nicht so nett aus, oder doch zumindest etwas verwirrend: hatte das amerikanische GFS-Modell gestern noch einen fetten Starkwind-Blob im Süden, nicht so jedoch ECMWF , das europäische (häufig zutreffendere) Modell, sieht es heute genau andersherum aus… und wenn Wettermodelle sich so widersprechen, ist Vorsicht die Mutter unserer persönlichen Porzellankiste. In Hampton und Norfolk, also am Ausgang der Chesapeake Bay, sitzt gerade ein Haufen Yachten, die sich den Kopf blutig kratzen, denn die wollen alle zu den Bahamas. Via „Blob“…  Aber da die Brückenbauer in Norfolk schnelle Arbeit geleistet haben, bleibt unser Kopf in dieser Hinsicht ungekratzt. Freie Fahrt. 
Wir kratzen dennoch, denn das Ziel unserer Reise ist – wie sollte es in diesen Zeiten anders sein – ungewiss. Sollen wir Beaufort-St. Thomas anliegen? Das wäre Covid-testtechnisch schlau, da St. Thomas US-Gebiet ist, und man sich dort testen lassen könnte, aber es ist auch ein Stück Arbeit – 10 Tage rechnen wir; nach 15 Monaten Pause gleich mal ein „richtiger Schlag“, noch dazu einer mit Wetter-Hin-und-Her. Mit dem Test reist man dann nach St. Martin, jedenfalls zur Zeit. Allerdings haben die CARICOM-Staaten gerade ihren hehren Plan, eine Reise-Blase zu bilden, in der man ohne Quarantäne umhersegeln könnte, wieder aufgegeben.  Plan B wäre der „Thornless Path“, der so dornenlos auch nicht ist: durch die Bahamas südostwärts bummeln. Das heißt: ganz viele Wetterstopps einlegen und eigentlich viel gegenan segeln, durch die Turks&Caicos Richtung DomRep – alles weiße Flecken auf unserer Landkarte. Es schlösse sich Puerto Rico an und dann die Virgins. Zeitplan? Dat duurt. Wochen. Monate. Aber schee wär’s scho‘.  Natürlich könnte man auch in den Bahamas gänzlich versacken, wie es so viele Amerikaner tun, aber… wir wollen nicht klagen. Irgendwohin wird es gehen.

Erst einmal ist morgen der 3.11., da hat nicht nur meine Freundin Ulrike Geburtstag (Alles Gute!), sondern, genau… der heißeste Tag des bescheuerten Jahres 2020. Nicht nur in Europa beißen sich die Politikinteressierten die Fingernägel kurz. Als wir eben zur Diskussion unseres Splashs im Marinabüro sind, mache ich, wie so oft dieser Tage, Wahlwerbung –  ganz einfach „…did you vote already?“ oder „…pleeeaase, go voting“ in die Menge werfen. Der eine Mitarbeiter „klar, morgen früh“, während Missy (die Sekretärin) schamhaft verstummt.  Was ’n da los?  Das Rätsel ist nach ein paar Minuten gelöst: auf dem Steg treffen wir Cecil und halten einen langen Politikschwatz, schließlich hat er eine Biden/Harris-Fahne ans Stag geknotet. Weitgehend unkenntlich allerdings – warum das denn? „Ach, ich habe heute mit Missy gesprochen. Die guckt ja den ganzen Tag auf uns herunter… – das kann ich ihr nicht antun!“ Trump-Wählerin, wie so viele hier. Ist doch nett von Cecil. So wie ich sie einschätze, hätte ein echter Trump-2020-Vertreter das für eine Biden/Harris-Sympathisantin nicht getan.  Aber morgen, wenn Cecil vor Anker geht, geht die Fahne hoch, das hat er versprochen. Wir schnacken noch lange, über Wahlen in den USA allgemein, von Andrew Jackson über Ulysses Grant zur 1876er Wahl, über Wahlabsprachen, über Sozialismus und was Amerikaner dafür halten („… our nation is based on socialism!“; Puritaner-Tradition halt) und natürlich darüber, warum Trump trotz seines … Adjektiv gestrichen… Auftretens immer noch so viel Gefolgschaft hat. Dazu gab es übrigens im Spiegel einen ganz interessanten Artikel „Trump, meine amerikanische Familie und ich“ – gibt es auch auf der ARD-Mediathek zum Anschauen.  Erklärt einiges, aber lässt es einen trotzdem nicht verstehen. Das Gespräch mit Cecil auf dem Ponton endet mit kalten Füßen. Und der freundlichen Frage: „… can we have Merkel for a bit?“  Ich reiche die Frage mal nach Berlin weiter – vielleicht ist Angela M. ja an einem Anschlussjob interessiert, Cecil würde sie sofort nehmen. „… gute Regierungsführung, das brauchen wir. Notfalls nehmen wir Jacinda Ardern“. Könnten wir Angela Merkel ein Weilchen ausleihen? Fragt sich nur, wer das dann in Berlin macht.

Gemütlich!

Deltaville, 19.10.2020

Dies ist ein Bildbeitrag,  quasi als Lebensbescheinigung. Wir sitzen immer noch hoch und meist trocken.  Wenn’s regnet, dann richtig, und das heißt: fröhliches Tropfensuchen. Die Lichtprismen im Salon tropfen schon länger, auf den Herd (macht nix), auf den Navitisch (konnte man mittels eines Dauer-Tropfenfängers regulieren. Das Funkgerät hat schon seit Urzeiten einen kleinen Regenschirm, es kann also nix passieren.) Ein neues Minileck glücklicherweise über der Eignerkoje, da ist dann der Ehrgeiz, es zum Erliegen zu bringen, besonders hoch. Hat geklappt.
Das Bild des Tages ist aus dem Kapitel „Absperrhahn für den Warmwasserboiler“.
Die entsprechenden Lautäußerungen sind:
Eigner: „Bleibst Du jetzt an Bord? Falls Du mich hier herausziehen musst…“
Versteht sich ja wohl von selbst.
Eigner: „… reichst Du mal den kleinen Engländer an?“ (etc. etc.)
Ich: „Wann benötigst Du denn den Wasserhahn, der liegt noch hier?!“
Eigner: „… das dauert! Ich nehme alle Schläuche ab, ich trau‘ dem empfohlenen Dichtmaterial nicht.
… und, ach ja, ich esse dann hier drin zu Mittag!“

So ist das Leben an Bord!

Gemütlich. Man beachte die Haltung des linken Armes.

Winterdeckenalarm

Deltaville, 21.9.2020

… der Sommer ist vergangen, ich seh‘ des Herbstes Schein. 

Oh je, es ist kalt geworden in den letzten Tagen, und daran ändert auch die Aussicht auf ein paar warme Tage in dieser Woche wenig. 24 Grad sind ja auch nicht wirklich viel. Der Swimmingpool hat, nachdem ich am Freitag ein letztes Mal plantschen war, seit gestern geschlossen, und es tut bei diesen Temperaturen nicht mal wirklich weh. Am Mittwoch kam Hurrikan „Sally“ von achtern durch, brachte bei noch warmen Temperaturen tagelangen Regen und ließ dann die Tür nach Norden offen. Brr. Und so erwischt mich gestern der Wunsch, möglichst bald in wärmere Gefilde aufzubrechen. Ein sehr frommer Wunsch… bis der in Erfüllung geht, hören wir wärmende Musik (ich habe zum Jahrestag von Hurrikan Maria ein schönes Remix von Lin-Manuel Mirandas Puerto Rico Song  entdeckt. Das wärmt in der Tat!). 

Dass Sally hier war und zeitgleich Maria-Jahrestag (daher der Puerto Rico-Song) 2017, wirft ein Licht auf die recht wirbelige Saison im Atlantik – hatten wir voriges Jahr gerade mal D wie Dorian durchgewinkt, ist den Wetterfröschen in diesem Jahr schon das Alphabet ausgegangen, als Ersatz dient das griechische… Beta steht gerade im Golf von Mexiko, aber nun darf sich das Geschehen gern beruhigen. Wäre in unserem Sinne.

Wir haben mittlerweile einen Entspannungsausflug (Entspannung vom Dauerbastelurlaub) hinter uns gebracht: Am letzten Montagmorgen hurtig mit dem (Leih)Auto nach Baltimore. Erstens brauchen wir ein neues Cruising Permit für die USA, zweitens hatten wir vor Kurzem mal die Haube vom Kompass genommen… huch? Was’n das für eine Luftblase? Kennen wir doch… anno 10, Tonga-Neuseeland. Wenn es kühl wird, zieht sich Dämpfungsflüssigkeit zusammen. Dann ist die gealterte Ausgleichsmembrane gefordert, und wie das so mit älteren Herrschaften ist – alles nicht mehr so elastisch… Inkontinenz nennt man das wohl. Also auf zum Kompassservice.

War schön, Donald T.’s „rat infested shithole“ zu besuchen. Es sieht tatsächlich schwer nach industriellem Niedergang aus, oder nach Niedergang der Schwerindustrie, und Brian, unser Mr. Kompass, warnte auch, den inneren Stadtbezirk nicht zu verlassen, denn das möge durchaus gefährlich sein. Auf der Suche nach einem fußläufigen Supermarkt (witzig, witzig, die Idee. This is the USA… wir sind im Endeffekt im CVS Drugstore gelandet) kamen uns dann am Abend auch folgerichtig Zweifel. Das Hotel übrigens weitgehend leer, schicke Suite im 11. Stock, Frühstück „americano“, bah. Dafür alles prima mit Maske, was die Schipperin beim Abholen der Frühstückstüte erst merkt, als sie nackt an der Rezeption steht. Mund-Nasen-nackt, versteht sich. Als Boatyardanwohner ist man da nicht so in Übung, aber der Mensch braucht Lehrstücke. 

Während wir also auf die Füllung und Reparatur unseres Kompasses warten, ist Gelegenheit, die Sache mit dem Cruising Permit in Angriff zu nehmen, und Customs and Border Protection ist eines unserer Lieblingsstücke im Bürospiel. Das schöne, alte Zollhaus ist gleich ums Eck. Prächtig. Viel dunkles Holz, Stuckdecken, ein bisschen Gold, dazu lächeln Trump/Pence vom Sims. Prächtig leer allerdings. Room 120.  Die lange Reihe der Schalterfenster ist mit einer Dame im Hintergrund besetzt, die uns ostentativ den Rücken zukehrt. Schließlich tritt ein sehr freundlicher, zivil gewandeter Herr auf. „Well“, sagt er, „… das ist schon das richtige Haus“. Oder bis vor Kurzem sei es das gewesen, die Schifffahrtssektion sei aber zum Flughafen umgezogen. Ja, logisch. Hafen=Flughafen. Hätten wir uns denken können. Wir werden mit einer Ortsanweisung gebrieft und bekommen gleich noch ein „… ich weiß auch nicht, wann und wie dieser Mist hier ein Ende nimmt“ hinterhergerufen – war das jetzt regierungskritisch? Der Officer jedenfalls hat Heimweh nach München. Ach, wie war es doch vordem in der Army so bequem: Würstel und Bier statt Institutionenabbau. Nett. Und desillusionierend.
Zweiter Akt. Auto aus dem Valet Parking abrufen (Premiere für uns! Valet Parking, also „Autoschlüssel lässig dem Portier zuwerfen“, hatten wir noch nicht). Raus zu Washingtons drittem Flughafen, übrigens mit Namen Thurgood Marshall, seines Zeichens wichtiger Supreme Court Chefrichter – ich hoffe, die gerade verstorbene Rechtsikone RBG, The Notorious Ruth Bader Ginsburg, kriegt einen Weltraumbahnhof! Der Flughafen ist ein bisschen schockierend – schon in der Annäherung sehen wir völlig leere Parkplätze und drinnen… applaudieren wir jedem Reisenden, den wir treffen, einzeln. Nichts, aber wirklich nichts los, und das liegt nicht an der Mittagszeit. Freund Jochen beschreibt den Flughafen aus dem vorigen Jahr als „brummend“, während hier derzeit nur die Klimaanlagen brummen. Das CBP-Büro zu finden ist mittelschwierig, unter Missachtung von „kein Zutritt“-Schildern windet sich ein schmaler, dunkler Gang durch das fensterlose erste Untergeschoss, macht einen Knick und endet an einem Zwei-Fenster-Schalter. Kein Stuck, keine dickes Holz, kein Gold, dafür Sackgasse, wohl mit Bedacht, denn laut Jochen werden hier auch die verdächtigen Einreisenden hingeführt. Eben Jochen und Helga…. Wir sind nicht sicher, ob wir hier richtig sind. Der gemächlich reagierende Officer am Schalterfenster – wir überholen eine Reihe von „Verdächtigen“, die irgendwie slawisch sprechen – bestätigt aber, dass man „unfortunately…“, also unglücklicherweise die Schifffahrtssektion hierher verlegt habe. Klingt ja alles total fröhlich und zufrieden beim CBP und der Homeland Security. Der uns behandelnde Officer allerdings ist fix und verständnisvoll, fragt ein bisschen nach Woher und Wohin, wann wir eingereist sind und wieder ausreisen wollen, und kommt nach 10 Minuten mit einem schmucklosen Blatt wieder, das nun als Cruising Permit in unserem Ordner ruht. Ich denke, das Wesentliche ist die Aufnahme ins elektronische System – wir müssen eine „Nummer“ haben. Haben wir.
Der Rest des Aufenthaltes ist Tourismus, Besuch in Annapolis, das Seglerzentrum der Chesapeake Bay (Annapolis Boatshow gerade frische ausgefallen…), Besuch am Fort McHenry, wo das erste Mal das „Star Spangled Banner“ wehte, vor dem man nicht auf die Knie gehen darf, Spaziergang am – in seltsamem Kontrast zum verfallenden Industriehintergrund stehenden – glitzernden Hafen von Baltimore (nein, wir waren nicht bei der Cheesecake Factory, und ja, die historischen Schiffe sind alle geschlossen…). Ein Tag in Washington – wir parken am neuen „Black Lives Matter“ Triangle, wo noch immer der riesige Schriftzug auf der Straße prangt, in Spuckweite zum Weißen Haus. Die Glasfronten sind zwar mit Holz verschlagen, aber die Häuser mit „BLM“ Schildern bepflastert. Beeindruckend. Beeindruckend auch, dass das Parkhaus quasi so leer ist wie sich die National Mall – die Verbindung zwischen Capitol und Lincoln Memorial – eigentlich wie die ganze Stadt als leer herausstellt. Keine Touristen, nur vergleichsweise wenige, geschäftige Ortsansässige, und die Leere im Parkhaus ist den „Home Office“-Zeiten geschuldet –  in dem Bürogebäude sitzen Firmen wie die New York Times, aber die sind halt alle daheim.
Donald ist nicht zugegen, der reist umher und tönt. Um dem etwas entgegenzusetzen, spiele ich ich unseren Tischnachbarn beim Frühstück in South Side Diner in Baltimore am letzten Tag des Ausfluges dieses schöne Lied vor – ich glaube, ich habe es schon einmal verlinkt, aber da es Laune macht und auch politische Neuerungen aufgenommen hat (die Taliban, zum Beispiel) kommt es hier noch einmal, und die Tischnachbarn, afroamerikanisch, versprechen, sich daran zu halten: Vote Him Away.
Was das betrifft sind wir gespannt. Was auch immer passiert, hier spielt sich ein Krimi ab – eben lese ich, dass Donnie (von Freunde gern IQ45 genannt) gerade angedroht hat, eine „presidential executive order“ zu erlassen, die die Wahl von Biden unterbinden soll. Nein, das steht nicht in der „Onion“. Und die einen Leute jubeln, während andere sagen, dass sie sich keinen Biden-Bumpersticker ans Auto bappen „because you never know“. So weit ist es gekommen.
Drückt mal schön die Daumen, dass wir einen zeitigen und eleganten Weg heraus finden. Nicht nur wegen des Wetters – wir ziehen uns warm an, politisch gesehen. Wettermäßig? Winterdeckenalarm.

… ein Baum liegt auf der Wiese

… ganz schön hohl… der war überfällig (der Baum!)

5.8.2020

Vorbei!

Ich geb’s zu: ich schlafe etwas löcherig, wenn so eine Bombe droht. Eher ein Bömbchen, aber immerhin. Als um 4 Uhr die ersten Böen kommen und Akka anfängt, mit dem Rigg zu zittern, lege ich erleichtert den Kopf aufs Kissen: es geht los – jetzt kannste schlafen! In North Carolina räumt Isaias ein bisschen auf, aber bis er hier ankommt, hat er schon wieder Kraft verloren.

Southport Marina North Carolina. Isaias räumt auf.

Die Reibung über Land und der Verlust an Temperaturnachschub aus dem Wasser macht’s. Den Schwung holt er sich auf dem Weg nach Neuengland über den Atlantik wieder, für die Kollegen Flora in Narrangansett zum Beispiel, aber die hatten sie gut versteckt. Mal Hurrikan, mal Tropischer Sturm. Eigenwilliger Bursche.

Gut übrigens der alte Schnack vom „was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“ – die moderne Kommunikationstechnik bietet ja viele (allzu viele!) Warnmöglichkeiten, aber als Isaias gestern morgen 2 oder mehr Tornados absondert, hören wir das Telefon nicht pingen. MyRadar sagt um 5 Uhr: „Tornadowarning in your area“, so lese ich es dann zum Frühstückskaffee. Huch! Damit erklärt sich auch, warum mir um 8Uhr Mitsegler aus der Captain’s Lounge entgegenkommen, wo sie sich verkrochen hatten; die hatten ihr Smartphone wohl zur Hand (ob das dünne Blechdach im Tornado geholfen hätte steht auf einem anderen Blatt. Vielleicht… Kissen als Kopfschutz, falls Akka.umkippen will?). Zum Ende des Frühstücks kommt schon die Sonne heraus.  Isaias war doch etwas eiliger als vorhergesagt. Der Kontrollgang ergibt an den Pontons ein paar im Wellengang tanzende, mit Fendern schmeißende Boote (die Bucht ist doch relativ geschützt, wenn also „Welle“ ist, hat das seinen Grund). Ein paar Kratzer von den Dalben. Eine abgeknickte Windsteueranlage. Bei uns nur Überschwemmung unterm Kiel. Und… ein Baum liegt auf der Wiese…

Das war Isaias! 

Wieder mal…

 

 

 

Deltaville, 3.4.2020

Schon wieder mal wieder die Sonnensegel weggepackt. Nicht wegen mangelnder Sonne – es ist zwar gerade trübe, aber sonst brennt sie vom Himmel. Nein, wegen des Windwiderstandes –  morgen kommt Isaias vorbei und schraddelt diesmal ziemlich genau über uns hinweg. Angeblich pumpt er sich gerade vor North Carolina noch ein bisschen auf, er wechselt immer zwischen kleinem Hurrikan und Tropischem Sturm, aber pusten tut er so oder so, und wir wollen nichts beschreien. Morgen früh haben wir die Bescherung vor Ort. Begeisterung ruft der Name hervor; ich nehme mal an, dass deutsche Leser leichthin den alttestamentarischen Bezug zu Jesaja herstellen können. Können amerikanische Radiostationen aber nicht. Möglicherweise ist es pfui, einen tropischen Sturm mit einem biblischen Namen zu belegen. Drum heißt der hier auch phonetisch gern „Eisa-eisas“ oder „Iisa-äss“ und 20 andere witzige Versionen. Schick.
Sonnensegeleinrollen hatten wir bis zum späten Nachmittag noch aufgeschoben, wir versuchen durch geschickte Drückbewegungen den Verlauf des Sturmes raus in den Atlantik zu schieben, aber so viel wir gedrückt haben: nö, Isaias möchte gern mal die Chesapeake Bay besichtigen.  Bitte sehr.  Aber nicht so früh wecken morgen früh, der Zeitplan sieht Dich hier um 8. Und nicht mehr als 60 Knoten in Böen.

Und sonst so? Internet ist erschreckend schlecht, a. sind wir von Guatemala super verwöhnt, und b. ist irgendwas mit dem Werft-Wifi faul, so wie bis zum Januar – also einigermaßen zufriedenstellend – tut es nun nicht mehr. Wir verbraten in der ersten Woche 8 GB vom Telefonkonto und schaufeln immer neue 3 GB-Scheibchen nach, 20 Dollar die Tranche. Uff. Daraufhin laufen wir bei AT&T in Gloucester auf, die zwei echt schweren Jungs kennen wir schon aus dem vorigen Jahr. Aber so nett sie sind, sie schaffen es nicht, eine SIM in meinem alten Tablet zum Laufen zu bekommen, über die wir zu einem erträglichen Betrag unbegrenzt Daten saugen könnten, und man kriegt noch 30 GB Hotspot obendrauf (natürlich ganz so unbegrenzt nicht, ab einer gewissen Grenze wird gelegentlich gedrosselt). „Ach, das liegt an dem alten Gerät, Ihr neueres kann das bestimmt!“. Heimfahrt. Nee, kann es nicht, wie sich daheim herausstellt. Oh, nee… diese riesigen Distanzen, wenn man etwas jenseits von Milch und Eiern erledigen möchte, und sei es nur ein Mobiltelefonproblem. Neue Exkursion nach Gloucester – bekanntermaßen sind die Mobiltelefonieshops dieser Welt mein erklärtes Hobby, und dem können wir an diesem Nachmittag ausführlich frönen: wir sitzen 2 Stunden und mehr im unterkühlten Geschäft, natürlich allseits maskiert, was die Kommunikation manchmal etwas erschwert, und warten, dass Servicemitarbeiter und Hotline gemeinsam etwas ausrichten. Höchst vergeblich. Wir lassen den schon geschlossenen Vertrag stornieren. Um dem Hobby doch noch etwas Erfreuliches abzugewinnen, gehen wir flink zu Verizon – das eine ist wie deutsches D-Netz, das andere mit E-Netz vergleichbar, reine Frequenzsache. Da sitzt dann ein höchst kompetente Frau, hört sich unser Problem an, lässt sich mein Tablet zeigen, guckt auf eine Kompatibilitätsliste und sagt binnen 30 Sekunden: “ … wird nicht funktionieren!“  Und dafür haben wir 2 Stunden gefroren…
Zum finalen Aufwärmen ein Besuch bei Starbucks – die Situation ist wirklich jammervoll: überall Leuchtkleber am Boden, Einbahnverkehr, Sitzen nur draußen; Letzteres kommt uns in Sachen Aufwärmen natürlich entgegen. Zum Zeitvertreib kann man draußen aber bei Passanten Maskenkritik üben, Maske in allen Varianten und Positionen, locker übers Ohr gehängt oder die Nase guckt raus. Hinter uns der Drive Through, da kann man sehen, wie Strohhalme unter der Maske eingefädelt werden. Cold Brew in Zeiten von Cholera. Corona. Ganz „oben ohne“ gibt es allerdings selten! Auf der Heimfahrt reift der Gedanke, dass man sich vielleicht ein kompatibles Gerät anschaffen müsste. Ja, genau, schon wieder. Schon wieder Elektronikkauf, schon wieder einer Fahrt nach Gloucester. Und schon wieder 2 Stunden Unterkühlung, weil nun der frisch stornierte Vertrag wiederbelebt werden soll. Der AT&T-Kumpel tat uns wirklich ein bisschen leid. Aber nun ist alles gut. Hoffentlich. Wahrscheinlich erholt sich jetzt auch das Werftnetz.

Ich weiß, wolltet Ihr alles nicht wissen. Was wollt Ihr wissen? Wenn man die hiesigen Nachrichten ausblendet, fühlt sich das alles nicht so schlecht an hier. Es ist hübsch, streckenweise sogar sehr schön anzuschauen, die Leute freundlich. Die Weitläufigkeit gefällt. Und dann unsere stete Freude: diese wie unbeteiligt auf ihren Aufsitzmähern sitzenden Rasenpfleger. Richtig, ich sollte mal eine Bildserie davon machen.  Schon wieder –  ein leeres Versprechen…