Gringissimo!

Cusco, 7.10.2008

Da sind wir nun – die Stadt auf die wir doch eine ganze Weile schon hingefiebert hatten. Und sie ist, wie der Titel schon sagt, „gringissimo“… So viele unseresgleichen haben wir schon lange nicht mehr gesehen, und das aendert natuerlich den gesamten Eindruck gewaltig. Es gibt viele „amiga/amigo“-Fluesterer, die einem eine schoene Alpakamuetze oder eine handgemachte Puppe aufs Auge druecken wollen, Postkartenstapel, Wandgemaelde, Massage – you name it, they offer it.

Bis wir aber hier waren, gingen zwei spannende Tage dahin, und eigentlich sollte schon aus Andahuaylas ein Blog kommen, aber wir waren so kalt und durchgefroren wie -geschuettelt, dass es mit dem Aufenthalt in einem kuehl-feuchten Internetcafé einfach nichts wurde – wir mussten ja auch schon wieder, wie am Morgen zuvor, „mitten in der Nacht“ aufstehen….

Also, am Sonntag um 05:00 klingelt der Wecker, letzte Dusche in unserem Dachterrassenzimmer in Ayacucho. Herzliche Verabschiedung vom Nacht-Hotelier (schliesslich waren wir ueberdurchschnittlich lang zu Gast!) , der auch noch einen Taxifahrer herbeiruft und uns so das Rucksackschleppen zur Station von Los Chankas erspart. Heisses Wasser hatten wir in der Thermoskanne mitgeschleift, also gibt es Fruehstueck im Gewusel um den frisch angekommenen Bus aus Cusco und die Vorbereitungen fuer die Abfahrt. Draussen heult ein Anreisser „Andahuaylas – Andahuaylas!“ (ob da wirklich Kurzentschlossene vorbeikommen, die sich entscheiden, mal die 11 Stunden Fahrt nach A. auf sich zu nehmen?!) und konkurriert mit den Agua de Maracuja-Anbieterinnen, die auch noch irgendetwas unverstaendliches im Programm haben, das aber gut fuer „el stomaco“ sein soll – das wird doch wohl keine Kotzfahrt??
Schicker, neuer Mercedes „Apple Glass“-Reisebus (mit SICHERHEITSGURTEN, die allerdings nur wir nutzen werden 😉 ), Rucksaecke verstauen, Einsteigen , Abfahren, in Zockelfahrt durch die Vororte von Ayacucho, ungewoehnlich belebt an diesem Sonntagmorgen; der Strassenhandel ist schon im vollen Schwange. Und wieder schraubt sich der Bus in die Anden hinauf, das hatten wir ja schon: Staedtisches, Doerfliches, Agrarlandschaft… Was wir SO noch nicht hatten, ist dass meine halbe Familie wahrscheinlich tausend Tode gestorben waere. Die Strasse ist in gutem Zustand, aber einspurig und unbefestigt. Und kurvig… Da muss dann bei Gegenverkehr schon mal zurueckgesetzt werden, oder man haengt so halb ueber dem Abgrund. Ich mag gar nicht hingucken. Mein Mann, der am Fenster die Photographenposition haelt, erklaert mir aber in gewohnt kuehler Weise, dass  man eigentlich an keiner Stelle hier eine Chance haette, wenn das Fahrzeug die Fahrbahn verliesse. Obwohl er selbst enmerken muss: „… da gibt es Stellen, da moechte ich ungern mit dem Bus runterfallen!“ Eben. Ich auch nicht. Halb- und Mittagszeit in Chumbes – es gibt Hammelsuppe und andere Sachen, auf die wir wenig Lust haben, also macht der spastisch gelaehmte Kioskbesitzer ein Geschaeft mit mir: 10 Bananen = 1 Sol. Bisschen schwierig zu verstehen, Sprech- bzw. Sprachschwierigkeiten auf beiden Seiten, aber wir kriegen es hin und landen auch noch beim ueblichen „… de que país?“. Und irgendwie sind solche Gelegenheiten immer was Nettes zum Lachen; jedenfalls wird gewinkt, als wir abfahren. Schoen. Hatte ich zuvor gedacht, dass es irgendwie steil runtergeht, werde ich jetzt eines noch steileren belehrt, sozusagen. Haarstraeubend – und doch sehenswert. Nach einer Weile sind wir im Apurimac-Tal, die Fenster gehen auf, wir sind in den Tropen angelangt: Palmen, Avocado, Zitrusfruechte und Schweiss auf der Stirn. Nicht nur von der engen Holzbruecke ueber den zur Zeit nicht allzu reissenden Fluss. Ich bin sicher: das Tal muss unter 1000 m liegen, anders kann die Temperatur nicht zustande kommen. Falsch, wie ich heute im Museum feststellte – 2000 m waren es. Gigantisch. Hinter der Bruecke geht es noch eine Weile am Rande des alten Flussbettes weiter – der Canyon, den der Apurimac da gegraben hat, ist gigantisch und ebenso muss der Fluss mal gewesen sein! Und dann – naja, wir muessen halt den Abhang wieder hoch. Nur 1 1/2 Stunden zischen Avocado und Alpaka. 4000 m sind gar nix. Durchgeruettelt, geschafft und mit droehnenden Ohren kommen wir im „Terminal Terrestre“ von Andahuaylas an. Immerhin hat das Hotel Palacio Real eine heisse Dusche, die ihren Namen verdient und dann: schnarch…

Naechste Portion: Andahuaylas – Cusco, Abfahrt am Montagmorgen um 06:30, alles etwas eilig, denn der Bus (Bus?! Karre!) kommt spaet, „Cusco terminal!“…  jaja, alte Frau ist kein D-Zug. Zack, rein mit den Rucksaecken, nee, nix mehr aussteigen und pinkeln – und dann stehen wir da, und warten auf die Abfahrt. „Vamos, vamos“-Rufe werden laut und „la hora es la hora!“, aber was hilft’s, jedenfalls wissen wir dass wir im richtigen peruanischen Alltag gelandet sind. Und soo spaet ist es dann mit knapp 7 Uhr dann auch nicht, und die naechste Lektion „Peru“ folgt sogleich: wenn der Bus schon auf den ersten Metern hupt, dann hat man einen hupomanen Rennfahrer gewonnen, der jede Verspaetung wettzumachen versteht. Ein- und Aussteiger werden mit lautem „suben, suben, suben“ oder „pasen, rapido!“-Geschrei zur Eile getrieben, das alte Muetterchen, das irgendwo im Nebel aussteigen will, schmeisst vor Entsetzen ihre Hacke weit von sich und hat kaum den Absatz von der Stufe geloest als der Bus schon wieder anruckt und „pffft!“ die Tuer sich schliesst. Immerhin kommt die Lehrerin von einer Landschule FAST puenktlich zur Schule, waere der Fahrer in seinem Geschwindigkeitswahn nicht einen halben Kilometer dran vorbeigeflogen… Gut, dass es voellilg neblig ist – so sieht man nicht ganz so deutlich, wo es lang geht. 1 Stunde vor Abancay sehen wir allerdings ein paar hundert Meter unter uns auf eine Ansammlung von LKWs in einer Haarnadelkurve. Das schaut nicht wirklich gut aus, und tatsaechlich: Ende Gelaende. Ein Schotter-Transporter hat in der Kurve einen Gasflaschen-LKW umgeschmissen. Das kann dauern. Prima Schauspiel fuer alle Haengenbleiber. Eine Bauersfrau kann geschwind ihre Mango- und Mandarinenvorraete absetzen und ansonsten ist Pause. 4 lange Stunde, bis geschaetzte 2000 Gasflaschen umgeladen, das Zugfahrzeug wie der Auflieger aufgerichtet sind und das ganze Ungluecks-Gespann noch auf Zentimeterabstand passiert ist. Wir kommen dran vorbei – wir fahren in der alten Karre! Der dicke neue Reisebus hinter uns von der Konkurrenzfirma trifft eine lockere Stunde nach uns in Abancay ein. Kurze Pause, und weiter, weiter, weiter. Es sind schon betraechtliche Strecken, die man hier im Zickzack durch die Anden faehrt.

Um 20:00 sind wir in Cusco. Die Reservierung im Hostal Royal Frankenstein hat geklappt. Bruno, der Hund, oeffnet die Tuer, Ludwig, der Hotelier huellt uns in Informationsschwaelle ein, nur Martin, den Leguan treffen wir erst am Morgen. Aber das ist dann schon wieder eine andere Geschichte. Eine ueber Cusco, deren gringissimo-Seiten wir aber auch Positiva abgewinnen koennen. Dazu dann spaeter mehr…